Erkrankungen der Augen

Einige Tipps für den richtigen Umgang mit einem nicht seltenen Problem im Yogaunterricht. Immer wieder kommt es vor, dass Unterrichtende gefragt werden, ob Übungen vorkommen, die Teilnehmende besser nicht mitmachen sollten, denn es gäbe „ein Problem mit den Augen“. Was ist zu tun?

Erkrankungen der Augen

Einige Tipps für den richtigen Umgang mit einem nicht seltenen Problem im Yogaunterricht. Immer wieder kommt es vor, dass Unterrichtende gefragt werden, ob Übungen vorkommen, die Teilnehmende besser nicht mitmachen sollten, denn es gäbe „ein Problem mit den Augen“. Was ist zu tun?

Einleitung

Sicher sind Augenprobleme nicht gleich Augen­pro­bleme und es ist sinnvoll, den Rat eines Arztes oder Ärztin einzuholen und sich danach zu richten. Leider birgt dieser Weg manch­mal Schwierig­keiten. Denn nicht alle haben eine Vorstellung davon, was im Yogaunterricht tatsächlich an Übungen angeboten wird. Herrscht also zufällig ärztlicherseits die Vor­stellung, Yoga sei identisch mit bloßen Entspannungs­übungen in Rückenlage oder im Sitzen oder gegenteilig, Yoga sei eine Ansamm­lung akrobatischer Übungen, wo­möglich immer mit dem Kopfstand im Mittelpunkt, dann wird der ärztliche Rat nicht viel nutzen.

Was gebraucht wird, ist ein Blick, der unterscheidet, was schaden könnte und was nicht, wo eigentlich die Risiken liegen und wo man sich mit welchen Übungen auf sicherem Boden bewegt. Deshalb wird im folgenden Artikel die Frage gestellt, wie sehr ein Augen­leiden die Übungsmöglichkeiten in einer Yogapraxis tatsächlich einschränken kann.

Die wichtigste Voraussetzung für den Umgang mit solchen Beschwerden ist in jedem Fall eine gute Kommuni­kation zwischen Unterrichtenden und Kursteilnehmer­Innen. Nur dann können frühzeitig die Informationen erfahren und erfragt werden, die für ein richtiges Verständnis der Situation und ihre entsprechende Einordnung notwendig sind. Für LehrerInnen im Yogaunterricht sind – ohne damit Anspruch auf Vollständigkeit erheben zu wollen – die folgenden Augenerkrankungen häufig und von Bedeutung.

  • Glaukom oder auch grüner Star
  • Netzhautablösungen
  • Schädigung und Verschlüsse der kleinen Blutgefäße des Auges
  • Folgen erhöhten Blutdrucks am Auge
  • vorausgegangene Operationen an den Augen

In ihrer Konsequenz bezüglich der zu vermeidenden Übungen unterscheiden sich diese Erkrankungen nur unwesentlich. Ein paar Hinweise aber sollen helfen, die jeweilige Erkrankung besser zu verstehen, nicht zuletzt um den Betroffenen das Vermeiden bestimmter Übungen überzeugender darlegen zu können.

Das Wichtigste in Kürze

Glaukom oder Grüner Star

Es handelt sich dabei um eine Erhöhung des Augeninnendrucks. Der Druck im Inneren des Auges ist Resultat der Produktion des sogenannten Kammerwassers einerseits und dessen Abflussmenge und Abflussgeschwindigkeit andererseits. Gerät diese Regulation aus dem Gleichgewicht, kann dies zu einer Druckerhöhung führen. Dem so entstehenden zu großen Druck ist das ganze Augeninnere, auch die lichtempfindliche Netzhaut am Augengrund ausgesetzt. Unweigerlich schädigt dies die Netzhaut empfindlich. Unbehandelt kann es zum Verlust des Augenlichtes kommen. Menschen, die an einem Glaukom leiden, sind meist in augenärztlicher Behandlung und müssen täglich durch Augentropfen medikamentös den Augeninnendruck senken. Eine solche Therapie bedeutet aber nicht, dass damit das Problem von zu hohem Augeninnendruck wirklich gelöst ist. Trotz Therapie wird jede besondere Belastung, die den Augeninnendruck erhöht, schnell zu einer Überforderung und zu einem Risiko für das kranke Auge.
Wenn also jemand solche drucksenkenden Medikamente benutzt, ist dies eine Information darüber, dass eine ernsthafte Erkrankung besteht. Das Risiko, durch falsche Übungen eine Druckerhöhung des Augeninneren auszulösen, ist durch der Einnahme dieser Arzneien leider nicht verkleinert.

Grauer Star

Vom Grünen Star muss der sogenannte Graue Star abgegrenzt werden. Mit diesem Begriff wird eine Trübung der Linse bezeichnet, durch die es allmählich zu einer starken Einschränkung der Sehfähigkeit kommt. Diese Erkrankung wird in der Regel durch eine Operation behandelt. Nur im Zusammenhang mit der Zeit unmittelbar nach einer solchen Linsenoperation interessiert diese Augenerkrankung im Kontext von Yogaunterricht. Ansonsten ist der Graue Star für die Frage des Yogaübens in den meisten Fällen ohne Bedeutung, weil er die Praxis nicht weiter einschränkt.

Ablösung der Netzhaut

Die Netzhautablösung ist eine besonders ernste Augenerkrankung, weil sie unmittelbar die Sehfähigkeit des Auges bedroht. In der Netzhaut liegen die lichtempfindlichen Zellen des Auges. Mit diesen Zellen sieht das Auge. Die Netzhaut liegt nur ganz leicht auf ihrer Unterlage, der Gefäßhaut, auf (Abb. 1). Durch diese Gefäßhaut wird die Netzhaut ernährt. Bei entsprechenden Störungen kann sich die Netzhaut leicht von dieser Unterlage ablösen. In den dabei entstehenden Zwischenraum schiebt sich Flüssigkeit, wodurch die Ernährung der Netzhaut und ihrer Sinneszellen unterbrochen ist. Es dauert nur wenige Stunden, bis dieser Zustand zu einem nicht mehr rückgängig zu machenden Absterben der lichtempfindlichen Zellen der Netzhaut führt. Das Auge wird in den betroffenen Bereichen blind, es kommt zu mehr oder weniger starken Einschränkung der Sehfähigkeit bis hin zur völligen Erblindung.

Augenquerschnitt schematisch
Abb. 1

Heutzutage kann die abgelöste Netzhaut durch Einsatz von sehr feinen Laserstrahlen wieder an ihre Unterlage „angeschweißt“ werden. Dies führt aber nicht zu einer Wiederherstellung der Sehkraft, nur das weitere Fortschreiten der Ablösung der Netzhaut kann damit verhindert werden.

Erkrankungen der Augengefäße

Die Ernährung der verschiedenen Sehzellen in der Netzhaut wird durch die Blutgefäße vorgenommen, die in der Gefäßhaut liegen. Transportieren sie nicht mehr genügend Blut, so werden die Sehzellen unzureichend versorgt. Diese Unterversorgung der Sehzellen schränkt sie in ihrer Funktion ein, die Sehfähigkeit nimmt ab. Ursache für die Behinderung des Blutflusses sind Ablagerungen in den kleinen Blutgefäßen der Gefäßhaut. Arteriosklerose oder Gefäßverkalkung, so die übliche Beschreibung dieses Phänomens, macht die versorgenden Blutadern starr und verengt sie.

Als Ursachen für diese Gefäßverkalkung werden verschiedene Faktoren gesehen. In aller Regel hat eine lang bestehende Blutdruckerhöhung die Gefäße im Allgemeinen geschädigt, und damit auch die des Auges. Auf der Grundlage einer solchen Erkrankung kann es auch zu akuten Verstopfungen der kleinen Gefäße kommen. Ähnlich wie bei einem Herzinfarkt kann dann ein größeres oder kleineres Gefäß durch ein Blutgerinnsel vollständig verschlossen werden. Die Folge ist der Sehverlust im gesamten von diesem Gefäß versorgten Gebiet. Das kann nur einen Teil des Gesichtsfeldes betreffen, es kann aber auch das vollständige Augenlicht eines Auges sein.

Deshalb gelten Menschen, die unter erhöhtem Blutdruck leiden, als in hohem Maße anfällig für solche Störungen der Blutzirkulation, selbst wenn sie keinerlei aktuelle Sehbeschwerden haben.

Wird der Druck im Kopf und damit auch in den Blutgefäßen der Augen akut erhöht, so kann es passieren, dass sich ein schon vorgeschädigtes Gefäß spontan verschließt oder platzt. Auch dies ist so gut wie irreversibel.
Verengt und somit eingeschränkt funktionsfähig sind die kleinen Augengefäße auch bei Menschen, die an einer über viele Jahre bestehenden Blutzuckerkrankheit leiden. Auch diese Menschen gelten als besonders gefährdet für Gefäßverschlüsse, unabhängig davon, ob sich ihre Grunderkrankung schon in einer Störung der Sehfähigkeit ausgedrückt hat.

Operationen am Auge hinterlassen ein funktionsgeschädigtes Organ, wie gut sie auch immer ausgeführt sind. Das Anheften der Netzhaut durch Laserstrahlen wurde schon erwähnt. Manchmal spielen auch Operationen nach Augenverletzungen eine Rolle. Die häufigste Operation am Auge ist die Linsentransplantation, bei der eine getrübte Linse (Grauer Star) durch eine neue ersetzt wird. Die Ergebnisse einer solchen Transplantation sind sehr gut, die Operation meist komplikationslos und wird mancherorts sogar ambulant durchgeführt.

Augenärzte raten, das Auge trotzdem über mindestens drei bis sechs Monate nach der Operation nicht durch Druckerhöhung zu belasten. Der Kopf soll nicht nach unten hängen gelassen werden, selbst Bücken sollte vermieden werden.

Die gleiche Empfehlung gilt auch im Falle einer Hornhauttransplanta­tion. Diese Operation wird nötig, wenn die eigentlich klare äußere Haut des Auges durch Entzündungen oder Verletzungen getrübt ist und ersetzt wird.

Worauf ist zu achten?

Viele kennen das Phän­omen, dass nach langem Stehen die Beine und Füße spannen, manchmal sogar anschwellen. Ursache dafür ist ein mangelnder Rückfluss des Venenblutes. Unter diesem Blutstau weiten sich die unter Druck stehenden Venen; Flüssigkeit wird in das sie umgebende Gewebe gepresst, das Gewebe schwillt dadurch an. Die einfache Erfahrung, dass das Blut nicht nur der Kraft des Herz­schlags folgt sondern auch der Schwerkraft, kann verallgemeinert werden.

Immer wenn der Kopf tiefer als das Herz gehalten wird, besteht die Tendenz, dass sich das Venenblut im Kopf staut und dadurch der Druck auf das umgebende Gewebe erhöht.

Das gilt noch viel mehr, wenn der ganze Körper umgekehrt wird, also zusätzlich auch noch die Beine über dem Herzen stehen und dadurch den venösen Blutfluss Richtung Kopf zusätzlich verstärken.

Umkehr­positionen haben daneben noch eine zweite Eigenschaft, die sich ungünstig auf Augenerkrankungen auswirken kann. In jeder Umkehr­position wird vom Körpersystem eine Neu­regulierung der Blutdruck­ver­hält­nisse verlangt, damit der Blutdruck in allen Bereichen des Körpers konstant bleibt. Diese Regulierungsfähigkeit erfordert neben vielem anderem ein reaktionsfähiges Gefäßsystem. Nur damit ist es dem Körper möglich, der plötzlichen Zunahme des Druckes im Kopfbereich schnell entgegenzuwirken. Dieser Regulationsmechanismus funktioniert aber gerade bei geschädigten, verkalkten Blutgefäßen nicht mehr gut oder gar nicht. Deshalb sollten Menschen mit den oben genannten Erkrankungen – auch nicht „mal kurz“ – keine Umkehrhaltungen einnehmen. Dazu gehören insbesondere folgende Übungen: der Kopfstand – śirṣāsana (Abb. 2a), die Kerze – sarvāṇgāsana (Abb. 2b) und die halbe Kerze – viparīta karanī (Abb. 2c).

śirṣāsana, sarvāṇgāsana und viparīta karanī
Abb. 2

Auch andere, aber im allgemeinen Gruppen­unterricht normalerweise ohnehin wenig sinnvolle Übungen wie Handstand – adhomukha vṛkṣāsana – oder Pflug – halāsana – würden in diese Kategorie fallen. Daneben gibt es eine ganze Anzahl von Āsana, die keine wirklichen Um­kehrpositionen sind, aber dennoch den Kopf in eine Position unterhalb des Herzens bringen und deshalb ähnlich problematisch sind. Dazu gehören: Der Hund, der nach unten schaut – adhomukha śvānāsana (Abb. 3a) oder verschiedene Vorbeugen aus dem Stand, wie uttānāsana (Abb. 3b) oder parśva uttānāsana (Abb. 3c).

adhomukha śvānāsana, uttānāsana und parśva uttānāsana
Abb. 3

Es gibt Alternativen

Es ist sicher nicht immer eine einfache, dafür aber umso lohnenswertere Aufgabe, Kurs­teilnehmerInnen davon zu überzeugen, dass bestimmte Übungen ihnen nicht guttun sondern sogar schaden können. Gegenargumente wie „ich bücke mich auch zehnmal am Tag“ sollten dabei nicht verunsichern.

Yoga ist etwas anderes als die täglichen Verrichtungen und wirkt entsprechend auch anders und wesentlich intensiver auf den Organismus. Außerdem bedeutet die Tatsache, dass jemand, der unter einer Erhöhung des Augeninnendrucks leidet, viele Male am Tag gebückt hat und dies äußerlich unbeschadet überstanden hat keineswegs, dass dies dem Auge nicht geschadet hat.

Man argumentiert auch nicht, dass jemand im Yogaunterricht krumm dasitzen und seinen Rücken falsch belasten kann, weil er dies ohne spürbaren Schaden schon den ganzen Tag gemacht hat.

Vor allem, wenn dabei der Lehrer, die Lehrerin selbst das Wissen, die Erfahrung und damit die Überzeugung hat, dass die als Ersatz angebotenen Übungen die gleiche oder ähnliche positive Wirkungen haben wie die wegzulassenden, werden die neuen Vorschläge erfahrungsgemäß dankbar angenommen. Beispiele für solche Vorschläge (adhomukha śvānāsana und uttānāsana) zeigen die Abbildungen 4 und 5.

Alternative für adhomukha śvānāsana im Üben mit Augenerrankungen.
Abb. 4
Alternative für uttānāsana im Üben mit Augenerrankungen.
Abb. 4

Achtsam im Umgang mit dem Atem sein

Wird Prāṇāyāma im Gruppen­unter­richt geübt, so kommt es besonders dann zu vermehrter Spannung im Bereich des Halses und Kopfes und damit einhergehender Druckerhöhung dort, wenn Unter­richtende sehr eng eingegrenzte Angaben zu Atemlänge oder Atem­verhaltungen machen. Versucht man, um jeden Preis, den dabei gestellten Anfor­derungen Genüge zu tun, gehen Übende nicht selten über die Grenzen dessen, was ihnen guttäte.

Nimmt der Körper übermäßige Spannung meist in Form von Schmer­zen oder Unwohl­sein übel, so tut dies der Atem schnell in Form von verstärkter Aktivierung des Teils des vegetativen Nerven­systems, welches auch in den Stresssituationen agiert. Herzklopfen, Blut­druckanstieg, Kontraktion der Gefäß­mus­kulatur und erhöhter Muskeltonus sind die Folge.

Dies alles sind Reak­tionen, die zu einer raschen und deutlichen Er­höhung der Druckverhältnisse auch im Kopfbereich führen können. Hier sind Atemverhaltung nach der Einat­mung unangebracht.

Aber auch das Atem­verhalten nach der Ausatmung ist oft mit unkalkulierbaren Verspannungen verbunden. Normalerweise löst sich dieses Problem im Laufe eines regel­mäßigen Übens auf. Für jemanden mit einer der oben genannten Störungen im Auge aber ist das Risiko viel zu groß, dass in diesem sonst harmlosen Übungsprozess das Auge bleibenden Schaden nimmt.

Deshalb sollten bei der hier diskutierten Problematik Atem­verhaltungen generell vermieden werden. Das heißt aber nicht, dass auf die Arbeit mit einem bewusst veränderten und geführten Atem überhaupt verzichtet werden sollte. Im Gegenteil – Atemübungen zum Beispiel, die die Gleichmäßigkeit der Atmung in den Mittelpunkt stellen, mehr die Ausatmung als die Ein­atmung betonen, dabei aber auf Angaben zu Dauer oder zu speziellen Techniken verzichten, können sehr wohl von großem Nutzen sein.

Möchte jemand solche einfachen Prāṇāyāma im Gruppenunterricht üben, ist es in jedem Fall sinnvoll und ratsam, mit den betroffenen Teil­nehmerInnen vorab die eine oder andere sichere Technik zu erproben. Sicher bedeutet in diesem Fall, den Schwerpunkt auf die Gleichmäßigkeit der Atmung zu legen und die Ausat­mung in den Mittelpunkt zu stellen. Welche Technik dabei am besten geeignet ist, muss für jede Person individuell erarbeitet werden. Diese einmal gelernte Technik kann dann von der Teilnehmerin, dem Teilnehmer im Prāṇāyāma-Teil des Unterrichts in immer gleicher Form praktiziert werden, unabhängig davon was der Rest der Gruppe gerade Besonderes übt.

Es zeigt sich, was als die erste Kunst gelten kann, die Unterrichtende können und anwenden sollten: Es ist das Erkennen und Vermeiden dessen, was einem Menschen beim Üben schadet.

Was den Übenden dann bleibt, sind die positiven Wirkungen, die in jeder guten Yogapraxis auf den unterschiedlichsten Ebenen vorhanden sind. Von diesen Wirkungen kann jeder Mensch, der Yoga übt, profitieren.

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