Āsanapraxis und Bluthochdruck

Bluthochdruck ist eine weitverbreitete Erkrankung. Was ist zu beachten, wenn Menschen mit Bluthochdruck Yoga praktizieren? Mit dieser Frage beschäftigt sich der Artikel. Zum besseren Verständnis beginnt der Artikel mit einer kurzen Darstellung eines faszinierenden Systems unseres Körpers: des Blutkreislaufs und seiner Regulation.

Āsanapraxis und Bluthochdruck

Bluthochdruck ist eine weitverbreitete Erkrankung. Was ist zu beachten, wenn Menschen mit Bluthochdruck Yoga praktizieren? Mit dieser Frage beschäftigt sich der Artikel. Zum besseren Verständnis beginnt der Artikel mit einer kurzen Darstellung eines faszinierenden Systems unseres Körpers: des Blutkreislaufs und seiner Regulation.

Āsanapraxis und Bluthochdruck

Bluthochdruck ist eine weitverbreitete Erkrankung. Was ist zu beachten, wenn Menschen mit Bluthochdruck Yoga praktizieren? Mit dieser Frage beschäftigt sich der Artikel. Zum besseren Verständnis beginnt der Artikel mit einer kurzen Darstellung eines faszinierenden Systems unseres Körpers: des Blutkreislaufs und seiner Regulation.

Einleitung

Wie ist es möglich, dass das Herz-Kreislauf-System unter den ungewöhnlichsten Umständen stabil funktioniert?

  • Da stürzt ein Haus ein – wir verdauen derweil das Mittagessen, das wir gerade zu uns genommen haben.
  • Ein Auto bremst quietschend vor einem Fußgänger, der vor uns die Straße überquert – wir atmen weiter, unser Herz schlägt, die Muskeln werden mit Blut versorgt.
  • Ein großer Liebeskummer überfällt uns – unser Gehirn vernetzt weiter seine Synapsen, Gedanken entstehen.  
  • In den Nieren wird aus Blut Urin, auch wenn die ganze Welt um uns herum zusammenbricht.

Tatsächlich – wir schaffen sie, diese Meisterleistungen. Sie geschehen sogar ohne unser aktives Zutun, ohne dass wir es überhaupt merken. Diese höchst bemerkenswerte Fähigkeit unseres Biosystems funktioniert ganz von selbst. Eines der vielen Wunder, die die Evolution hervorgebracht hat – die Aufrechterhaltung dieses inneren Gleichgewichts wird Orthostase genannt.

Ein Teil dieses bewundernswerten Regulierungsprozesses findet im Herz-Kreislauf-System statt. Mit dem Ergebnis, dass zu jeder Zeit, Tag und Nacht, Sommer und Winter, von einem Moment auf den anderen alle unsere Organe ausreichend mit Blut versorgt werden.

Ohne Blutversorgung würde sich kein Muskel zusammenziehen, kein Frühstücksbrötchen verdaut werden, kein Gefühl entstehen, kein Eisprung stattfinden, kein Knochen wachsen …

Nun kennen wir aber auch Situationen, in denen diese Regulation nicht perfekt funktioniert. Um zu verstehen, warum sich die Orthostase manchmal nicht oder nur sehr schlecht einstellt, sollen die Grundlinien der Regulation, die Stellgrößen des Kreislaufsystems, skizziert werden. Dies wird helfen, besser zu verstehen, was manchmal so schiefläuft, wenn ein Mensch erkrankt, vorübergehend oder dauerhaft.

Das Kreislaufsystem

Fünfeinhalb Liter Blut pumpt unser Herz pro Minute durch die Gefäße unseres Körpers. Diese Blutmenge verteilt sich je nach Energiebedarf auf die verschiedenen Organe. Im Ruhezustand erhalten unter anderem Magen, Darm und Leber fast ein Viertel, das Gehirn 15 Prozent und die Herzkranzgefäße, die den Herzmuskel mit ausreichend sauerstoffreichem Blut versorgen müssen, etwa fünf Prozent. Das reicht aus, um die Muskelkontraktionen des Herzmuskels zu gewährleisten – auch in der nächsten Minute sorgt das Herz dafür, dass wieder fünfeinhalb Liter Blut die Organe erreichen.

Herzarbeit und Blutdruck

Unser Herz ist etwa so groß wie eine zur Faust geballte Hand. Etwa 70-mal pro Minute zieht sich der Herzmuskel zusammen, der – anders als alle anderen Muskeln – einen Hohlraum mit Blut enthält, der durch eine muskulös-sehnige Scheidewand in zwei Hälften geteilt ist. Man spricht vom rechten und vom linken Herzen (Abb. 1).

Yoga und Blutdruck, das Herz schematisch dargestellt.
Abb. 1

Das Blut der linken Herzkammer wurde, bevor es aus dem Speicherraum, dem linken Vorhof, in die Herzkammer einströmt, in den Gefäßen der Lunge mit Sauerstoff beladen und von Kohlendioxid befreit. Hier wird der Sinn der Einteilung des Herzens in linkes und rechtes Herz deutlich. In Kammer und Vorhof des rechten Herzens befindet sich das alte, verbrauchte Blut, das die Körpervenen von den Organen zum Herzen zurücktransportieren.

Für die Versorgung der Organe wäre das Blut so nicht mehr brauchbar, deshalb sorgt das rechte Herz dafür, dass es in die Lunge gelangt und dort aufgefrischt wird (Abb. 2).

Yoga und Blutdruck, Herz-Lungenkreislauf schematisch dargestellt.
Abb. 2

Damit es nun als sauerstoffreiches Blut vom Herzen aus alle Organe des Körpers erreicht, muss es mit hohem Druck herausgepumpt werden. Diesen Druck messen wir, wenn wir mit einem Blutdruckmessgerät den sogenannten systolischen Blutdruckwert bestimmen, also den oberen der beiden Blutdruckwerte, die man messen kann (Abb. 3). Bei einem gesunden Menschen liegt er im Durchschnitt bei 120 mmHg. Der Blutdruck wird an der großen Arterie in Höhe des Herzens gemessen. Er gibt Aufschluss darüber, ob selbst in den entferntesten Körperbereichen, wie der Haut des kleinen Zehs, noch genug Druck in den kleinsten Blutgefäßen vorhanden ist, um diese zu versorgen.

Yoga und den Blutdruck messen.
Abb. 3

Unmittelbar nachdem sich das Herz auf diese Weise zusammengezogen und entleert hat, strömt das Blut aus dem Speicherraum des Herzens, dem linken Vorhof, wieder in die nicht mehr kontrahierte Herzkammer und das Ganze beginnt von vorn. Auch während dieser Zeit kann der Blutdruck am Arm gemessen werden – allerdings sinkt er in dieser Phase, der sogenannten Diastole, und beträgt bei einem gesunden Menschen etwa 80 mmHg. Da es sich um den Blutdruck während der Erschlaffung der Herzkammern handelt, wird er als diastolischer Druck bezeichnet.

Der diastolische Druck ist der Druck, der immer auf den Gefäßwänden lastet, der systolische Druck nur dann, wenn sich das Herz gerade zusammenzieht.

Ein selbstregulierendes System

Das große Wunder des Kreislaufsystems besteht darin, dass es beide Drucke kontinuierlich herzustellen versucht, auch wenn sie kurzfristig durch verschiedene Aktivitäten wie Lagewechsel, körperliche Anstrengung, Anfälle von Wut oder Freude nach oben oder nach unten verschoben werden.
Ein schneller Dauerlauf zum Beispiel erhöht den Druck, der permanent und aktuell auf den Gefäßen lastet, zum Teil enorm – fünf bis zehn Minuten später messen wir wieder die alten Werte. Ein sehr heißes Bad bei einem grippalen Infekt senkt beide Werte deutlich – steigen wir aus der Wanne und warten ein paar Minuten, ist beim Blutdruck wieder alles beim Alten.

kurzfristige Regulation

In den großen Gefäßen befinden sich Sensoren, die auf Druckschwankungen reagieren; andere Sensoren messen den Säuregehalt des Blutes (pH-Wert); wieder andere messen den Dehnungszustand des gefüllten Herzens und der großen Venen. Sie alle senden ständig Signale und melden Werte an die oberste Behörde, das Herz-Kreislauf-Zentrum im Gehirn. Es besteht aus einer Vielzahl verschiedener Nervenzellen, die in einem bestimmten Teil des Gehirns gebündelt sind.

Sie bilden ein Netzwerk einander stimulierender und hemmender Strukturen, die gemeinsam auf die Meldungen der Sensoren reagieren: Lautet die Meldung Blutdruck gerade gefallen, so reagieren sie mit einer Aktivierung oder Hemmung des sympathischen oder parasympathischen Systems, also des sogenannten vegetativen Systems.

Es reagiert am schnellsten auf Druckschwankungen, indem es die Gefäße zwingt, sich zusammenzuziehen oder zu erweitern, oder das Herz schneller oder langsamer schlagen lässt. Ein kurzfristiger Blutdruckabfall, wie er sich z. B. beim Aufstehen aus einer längeren Hocke durch Schwindel bemerkbar macht, wird auf diese Weise wieder hochreguliert.

Ein erhöhter Blutdruck, der sich z. B. nach einer kontroversen Diskussion als Kopfschmerz äußert, wird nach unten reguliert.

mittelfristige Regulation

Diese Regulation des Blutdrucks erfolgt auf andere Weise. Diese Mechanismen sind etwas schwerfälliger als die des vegetativen Systems. Auch sie laufen über die Einwirkung auf die Blutgefäße. Entscheidend ist dabei die Größe der Nierendurchblutung. Wer schon einmal einen Menschen unmittelbar nach einem schweren Unfall mit starkem Blutverlust und Blutdruckabfall beobachtet hat, wird sich erinnern, dass er sehr blass war. Das liegt daran, dass sich durch die Freisetzung eines chemischen Stoffes aus den schlecht durchbluteten Nieren die Blutgefäße zusammenziehen. In diesem Fall, um die Versorgung der wichtigsten Organe wie Herz und Gehirn auf Kosten der im Moment weniger wichtigen Organe aufrechtzuerhalten. Diese Regelung erfolgt innerhalb von Minuten.

langfristige Regulation

Die Langzeitregulation des Blutdrucks (über Stunden) kennt eine ganze Reihe verschiedener Mechanismen. Der Wichtigste hat mit der Flüssigkeitsregulation unseres Körpers zu tun. So wird zum Beispiel mehr Urin ausgeschieden, wenn der Blutdruck dauerhaft erhöht ist.

Regulationsstörungen

Wie jedes Regulationssystem ist auch das Kreislaufregulationssystem prinzipiell störanfällig. Mein Blutdruck ist zu niedrig – häufig sind es sehr schlanke junge Frauen, die mit einer solchen Diagnose durch die Welt laufen.

Wenn sich die Blutdruckwerte eines Menschen konstant auf einem niedrigen Niveau von etwa 85 bis 90 mmHg systolisch und um die 60 mmHg diastolisch bewegen, kann man ihm eigentlich nur gratulieren.

Für die Versorgung der Körperorgane ist ein solcher Druck noch vollkommen ausreichend, und all die Probleme, die aus einem hohen Druck resultieren, wird diese Person nie haben.  Was jedoch häufig mit niedrigem Blutdruck verwechselt wird, ist eine Störung der Regulationsmechanismen, die dazu führt, dass der Druck nicht schnell genug an die Lageveränderungen des Körpers im Raum angepasst werden kann. Die Folge ist in der Regel ein kurzfristiges Schwindelgefühl, das relativ schnell wieder verschwindet. Man spricht dann von einer orthostatischen Dysregulation. Beruhigend ist, dass außer der Gefahr eines kurzen Schwindels keine weiteren Risiken damit verbunden sind. Wer sich durch solche Störungen beeinträchtigt fühlt, wem vielleicht sogar etwas übel ist, kann schnell Abhilfe schaffen: Bewegen, bewegen, bewegen. Bewegung trainiert das Regulationssystem.

Bluthochdruck

Wirklich bedeutsam sind aber die Störungen, die mit einer dauerhaften Abweichung der Blutdruckwerte nach oben einhergehen. Um sie soll es hier gehen. Als noch normal gelten Werte zwischen 130 mmHg systolisch auf der einen und 85 mmHg diastolisch auf der anderen Seite der Skala.

Kontrollbedürftig, aber nicht behandlungsbedürftig sind Blutdruckwerte von 140/90 mmHg. der höhere Wert bezieht sich immer auf den systolischen, der niedrigere auf den diastolischen Druck Alles, was dauerhaft darüber liegt, gilt demnach als Bluthochdruck und ist behandlungsbedürftig.

Statistiken zeigen, dass in den Industrieländern jeder Fünfte einen dauerhaft erhöhten Blutdruck in diesem Sinne hat. Bei den über 65-Jährigen ist es bereits jeder Zweite. Ein dauerhaft erhöhter Blutdruck wird in der Fachsprache als Hypertonie oder Hypertonus bezeichnet, wörtlich Überspannung. Dieser Begriff weckt jedoch oft eine falsche Assoziation, denn die wenigsten Menschen, die mit einem erhöhten Blutdruck zu tun haben, fühlen sich überspannt.

Viel häufiger wird ein erhöhter Blutdruck, auch ein stark erhöhter, als Zufallsbefund bei einem Arztbesuch festgestellt, als dass der Betroffene ihn selbst bemerkt. Nur die Hälfte aller Betroffenen wird durch Beschwerden auf die Spur eines bestehenden Bluthochdrucks gebracht. Als Symptome können Kopfschmerzen oder Kopfdruck, innere Unruhe und Reizbarkeit den erhöhten Blutdruck begleiten.

In vielen Fällen wird die Diagnose erst gestellt, wenn der Druck über Jahre hinweg die Gefäße oder das Herz so stark belastet hat, dass ein Mensch mit Herzinfarkt oder Schlaganfall ins Krankenhaus eingeliefert wird.

Hier zeigt sich das eigentliche Problem eines langjährigen Bluthochdrucks: die Schädigung der Blutgefäße. Bluthochdruck wird deshalb so ernst genommen, weil er einer der Hauptgründe für die Entwicklung einer Erkrankung ist, die das arterielle Gefäßsystem betrifft, die Atherosklerose. Sie ist unter anderem verantwortlich für die meisten Herzinfarkte, für Schlaganfälle und für Veränderungen am Augenhintergrund, die das Sehvermögen einschränken können. Weitere Risikofaktoren für die Entstehung von Arteriosklerose sind unter anderem Rauchen und erhöhte Blutfettwerte.

Ursachenforschung

Bei 90 Prozent der Betroffenen lassen sich die Ursachen für eine Blutdruckentgleisung auch heute noch nicht mit Sicherheit benennen. Man geht davon aus, dass in etwa der Hälfte der Fälle die Veranlagung zum Bluthochdruck vererbt wird. Gleichzeitig sind eine Reihe von Faktoren bekannt, die die Blutgefäße belasten und schädigen können. Was sind die Auslöser?

  • fettreiche Ernährung, wie sie in unseren Breitengraden üblich ist
  • Übergewicht
  • Bewegungsmangel
  • übermäßiger Alkoholkonsum
  • Rauchen
  • Stress
  • bei Frauen insbesondere der Östrogenabfall in den Wechseljahren

Sieht man von letzterem ab, so sind dies alles Dinge, die leicht zu beeinflussen sind: So lässt sich ein erhöhter Blutdruck durch Änderungen des Lebensstils beeinflussen.

Yoga und Bluthochdruck

YOGA hat sich in den vergangenen Jahren als therapeutisch wirksam bei Bluthochdruck erwiesen. Dies gilt allerdings nur, wenn regelmäßig, d. h. fast täglich, und vor allem in der richtigen Intensität geübt wird. Dennoch können auch Menschen mit Bluthochdruck von Yoga profitieren, wenn sie nur einmal pro Woche in einer Gruppe mit anderen üben, denn in den meisten Fällen verlassen sie den Übungsraum mit einem Gefühl der Entspannung. Wie für alle Menschen kann Yoga auch für sie ein Gewinn sein, wenn sie Übungen vermeiden, die ihnen schaden. Um diesen Aspekt geht es in diesem Abschnitt.

Unterricht in der Gruppe – was tun, was lassen?

Angesichts der Häufigkeit von Blutdruckerkrankungen ist es nicht verwunderlich, dass YogalehrerInnen in fast jeder Gruppe TeilnehmerInnen haben, die davon betroffen sind. Was kann aus all dem, was über die Mechanismen der Blutdruckregulation bekannt ist, für einen gesunden Yogaunterricht abgeleitet werden? Was müssen wir wissen, worauf müssen wir achten, wenn wir diese Menschen unterrichten?

Bluthochdruck wird meist erst spät erkannt.

Der Druck, der jahrelang auf den Gefäßen lastet, hat meist schon viel Gelegenheit gehabt, sein Unwesen zu treiben. Der Verschleiß der Gefäße zeigt sich im Elastizitätsverlust ihrer Wände und in Verengungen durch Verkalkung der Innenwand, der sogenannten Atherosklerose. Vor allem die feinen Gefäße wie die Augen- und Hirnarterien leiden darunter. Sie sind daher besonders gefährdet, bei kurzfristiger Blutmengenzunahme zu reißen oder sich durch Anlagerung an die atherosklerotisch veränderten Wände zu verschließen.

Die Folge ist eine Schädigung der Umgebung. Am Auge kann dies zu irreversiblen Ausfällen führen, im Gehirn verursachen diese Veränderungen die Schäden, die wir als Schlaganfall kennen. Dabei gilt: Je länger der Bluthochdruck besteht, desto größer ist das Risiko für diese Komplikation.

Wie bereits beschrieben, wird das Risiko für Gefäßveränderungen zusätzlich durch Faktoren wie Rauchen, erhöhte Blutfettwerte oder andere Erkrankungen wie Diabetes erhöht. Dies ist primär beim Unterrichten älterer Menschen zu berücksichtigen.
Es geht also darum, sich beim Unterrichten dieser Risiken bewusst zu sein. In diesem Zusammenhang ist der flotte Spruch, Yoga tut immer dann gut, wenn es nicht schadet, zutreffend.

Umkehrhaltungen

Vor diesem Hintergrund wird klar, dass Umkehrhaltungen für jemanden mit hohem Blutdruck keinen Sinn ergeben. Wir wissen, dass Umkehrhaltungen zu einem sofortigen und massiven Druckanstieg in den Blutgefäßen des Kopfes führen.

  • Wer will das Risiko für einen Hypertoniker wirklich einschätzen können?
  • Wer will wissen, wie lange der Bluthochdruck schon besteht, welche anderen Risikofaktoren hinzukommen, welche Veränderungen das Gefäßsystem bereits aufweist?
  • Wie hoch ist die Belastung der Gefäße im Kopf wirklich, wie hoch steigt der Druck dort, wo die Druckregulation auch mit Medikamenten gestört ist?

Viparīta karaṇī, śirṣāsana und sarvāṇgāsana (Abb. 4, von links nach rechts) sind daher wenig geeignet für Menschen mit Bluthochdruck.

Yoga und Blutdruck: Die Umkehrpositionen; Viparīta karaṇī, śirṣāsana und sarvāṇgāsana.
Abb. 4

Neben den großen Umkehrhaltungen gibt es noch andere Āsana, die in ihrer Wirkung auf die Druckverhältnisse in den Gefäßen mehr oder weniger den Umkehrhaltungen entsprechen. Dazu gehört hauptsächlich adhomukha śvānāsana (Abb. 5 links). In geringerem Maße, aber dennoch ebenfalls zu berücksichtigen, sind dvipāda pīṭham und uttānāsana (Abb. 5 Mitte und rechts); ganz besonders, wenn sie intensiv und statisch geübt werden.

Yoga und Blutdruck: Die Umkehrpositionen; adhomukha śvānāsana, dvipāda pīṭham und uttānāsana.
Abb. 5

Wenn nötig, könnte z. B. uttānāsana zum Hocker geübt werden (Abb. 6).

Yoga und Blutdruck: Die Umkehrpositionen; uttānāsana zum Hocker.
Abb. 6

Spannung

Hohe Körperspannung erhöht den Blutdruck, wenn diese Spannung nicht in Bewegung umgesetzt wird.

Während z.B. zügiges Gehen oder Radfahren den Blutdruck senken, wird er durch angespanntes Verharren in einer anstrengenden Position erhöht.

Je angespannter die Position ist und je länger sie gehalten wird, desto stärker ist dieser Effekt. Deshalb sind z. B. Rückbeugen spannungsreicher als Vorbeugen, stehende Positionen spannungsreicher als liegende Positionen. Grundsätzlich gilt, dass Menschen mit hohem Blutdruck vom dynamischen Üben solcher Positionen viel mehr profitieren als vom statischen, mit Ausnahme von Entspannungspositionen im Liegen oder Sitzen im Prāṇāyāma oder in der Meditation.

Atem

Im Yoga lässt das bewusste Betonen der Einatmung mithilfe von besonderen Atemtechniken die Gesamtspannung im System ansteigen. Auch der Blutdruck als Systemgröße reagiert darauf mit einer Erhöhung. Bei TeilnehmerInnen mit erhöhtem Blutdruck sollte daher die Einatmung nicht betont werden oder im Mittelpunkt einer Übung oder gar eines Kurses stehen.

Manchmal kann es hilfreich sein, die Rückbeugen mit der Ausatmung zu beginnen und dort für eine bewusst kurze Einatmung zu verweilen, bevor die TeilnehmerInnen wieder – wie gewohnt – ausatmend in die Ausgangsposition zurückkehren (Abb. 7).

Yoga und Blutdruck: Die Rückbeuge mit der Ausatmung einnehmen.
Abb. 7

Yoga und Blutdruck: Die Umkehrpositionen;

Belastung

Personen mit Bluthochdruck wird in der Regel von ärztlicher Seite empfohlen, sich im normalen Rahmen körperlich zu betätigen und zu belasten.

Regelmäßige, angemessene körperliche Anstrengung, die mit Bewegung verbunden ist, senkt den Blutdruck.

Gänzlich ungeeignet wäre aber etwa Yoga in einem auf 40 Grad aufgeheizten Raum. Oder eine Serie intensiver Sonnengrüße, bis der Schweiß in Strömen fließt. Anders als etwa beim Joggen ist eine große Anstrengung bei der Arbeit mit Āsana in der Regel auch mit einer hohen Körperspannung verbunden, die dem Bluthochdruck nicht mehr zuträglich ist.

Bestimmte Blutdruckmedikamente wie die häufig eingesetzten Betablocker senken den Blutdruck über den Weg der Herzkraftminderung; sie bremsen das Herz in seiner druckerzeugenden Kraft etwas aus. Im Alltag ist das kein Problem – der positive, drucksenkende Effekt überwiegt bei Weitem. Wer allerdings in seinen Kursen körperlich sehr anstrengende Übungen durchführen lässt, sollte dies bedenken. Insbesondere ältere Menschen mit Herzproblemen könnten Probleme bekommen.

Positionswechsel

Die Fähigkeit, den Blutdruck bedarfsgerecht zu regulieren, ist bei Menschen mit Bluthochdruck eingeschränkt.

Dies ändert sich – und das ist wichtig – auch dann nicht, wenn die Erkrankung bekannt, medikamentös behandelt und gut eingestellt ist.

Die grundsätzliche Schwäche, den Druck bei rasch wechselnden Körperhaltungen immer wieder an die Norm anzupassen, bleibt bestehen. Diese Schwäche äußert sich zumindest in einer Verzögerung. So stellen schnelle Haltungswechsel für die Betroffenen manchmal ein Problem dar. Das bedeutet nicht, dass sie auf viele Übungen verzichten müssen. Sie profitieren jedoch mehr von Pausen zwischen den Übungen, vom Schaffen von Übergängen zwischen den Übungen.

So tut Yoga gut

Trotz der genannten Einschränkungen ist Menschen mit Bluthochdruck regelmäßiges Yoga zu empfehlen. Denn moderate Bewegung senkt den Blutdruck mittel- und langfristig.

Angesichts einer der häufigsten Ursachen für erhöhten Blutdruck, dem Bewegungsmangel, können gut und behutsam angeleitete Yogaübungen auf diesem Wege zu einer Verbesserung der Blutdrucksituation beitragen, auch wenn sie das von ärztlicher Seite dringend empfohlene Ausdauertraining natürlich nicht ersetzen können.

Die wohl nachhaltigste und effektivste Wirkung von Yoga auf erhöhten Blutdruck kann jedoch in dem Bereich erwartet werden, in dem Yoga unschlagbar ist:

Yoga baut Stress ab.

Die stressreduzierende Wirkung von Yogaübungen aller Art, seien es Körperübungen, Atemübungen, die Arbeit mit Mantren oder mentale Entspannungsübungen, konnte mittlerweile auch in wissenschaftlich seriösen Studien nachgewiesen werden. Yogalehrende wissen dies schon lange aus Erfahrung: Nach einem guten Yogaunterricht fühlen sich die TeilnehmerInnen durchweg entspannter und ausgeglichener. Und auf welche Art und Weise eine solche Stimmung so beeindruckende Effekte wie die Verbesserung eines hohen Blutdrucks hervorrufen kann – darüber wird auch in wissenschaftlichen Kreisen noch immer gerätselt. ▼

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Einleitung

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  • Da stürzt ein Haus ein – wir verdauen derweil das Mittagessen, das wir gerade zu uns genommen haben.
  • Ein Auto bremst quietschend vor einem Fußgänger, der vor uns die Straße überquert – wir atmen weiter, unser Herz schlägt, die Muskeln werden mit Blut versorgt.
  • Ein großer Liebeskummer überfällt uns – unser Gehirn vernetzt weiter seine Synapsen, Gedanken entstehen.  
  • In den Nieren wird aus Blut Urin, auch wenn die ganze Welt um uns herum zusammenbricht.

Tatsächlich – wir schaffen sie, diese Meisterleistungen. Sie geschehen sogar ohne unser aktives Zutun, ohne dass wir es überhaupt merken. Diese höchst bemerkenswerte Fähigkeit unseres Biosystems funktioniert ganz von selbst. Eines der vielen Wunder, die die Evolution hervorgebracht hat – die Aufrechterhaltung dieses inneren Gleichgewichts wird Orthostase genannt.

Ein Teil dieses bewundernswerten Regulierungsprozesses findet im Herz-Kreislauf-System statt. Mit dem Ergebnis, dass zu jeder Zeit, Tag und Nacht, Sommer und Winter, von einem Moment auf den anderen alle unsere Organe ausreichend mit Blut versorgt werden.

Ohne Blutversorgung würde sich kein Muskel zusammenziehen, kein Frühstücksbrötchen verdaut werden, kein Gefühl entstehen, kein Eisprung stattfinden, kein Knochen wachsen …

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Das Kreislaufsystem

Fünfeinhalb Liter Blut pumpt unser Herz pro Minute durch die Gefäße unseres Körpers. Diese Blutmenge verteilt sich je nach Energiebedarf auf die verschiedenen Organe. Im Ruhezustand erhalten unter anderem Magen, Darm und Leber fast ein Viertel, das Gehirn 15 Prozent und die Herzkranzgefäße, die den Herzmuskel mit ausreichend sauerstoffreichem Blut versorgen müssen, etwa fünf Prozent. Das reicht aus, um die Muskelkontraktionen des Herzmuskels zu gewährleisten – auch in der nächsten Minute sorgt das Herz dafür, dass wieder fünfeinhalb Liter Blut die Organe erreichen.

Herzarbeit und Blutdruck

Unser Herz ist etwa so groß wie eine zur Faust geballte Hand. Etwa 70-mal pro Minute zieht sich der Herzmuskel zusammen, der – anders als alle anderen Muskeln – einen Hohlraum mit Blut enthält, der durch eine muskulös-sehnige Scheidewand in zwei Hälften geteilt ist. Man spricht vom rechten und vom linken Herzen (Abb. 1).

Yoga und Blutdruck, das Herz schematisch dargestellt.
Abb. 1

Das Blut der linken Herzkammer wurde, bevor es aus dem Speicherraum, dem linken Vorhof, in die Herzkammer einströmt, in den Gefäßen der Lunge mit Sauerstoff beladen und von Kohlendioxid befreit. Hier wird der Sinn der Einteilung des Herzens in linkes und rechtes Herz deutlich. In Kammer und Vorhof des rechten Herzens befindet sich das alte, verbrauchte Blut, das die Körpervenen von den Organen zum Herzen zurücktransportieren.

Für die Versorgung der Organe wäre das Blut so nicht mehr brauchbar, deshalb sorgt das rechte Herz dafür, dass es in die Lunge gelangt und dort aufgefrischt wird (Abb. 2).

Yoga und Blutdruck, Herz-Lungenkreislauf schematisch dargestellt.
Abb. 2

Damit es nun als sauerstoffreiches Blut vom Herzen aus alle Organe des Körpers erreicht, muss es mit hohem Druck herausgepumpt werden. Diesen Druck messen wir, wenn wir mit einem Blutdruckmessgerät den sogenannten systolischen Blutdruckwert bestimmen, also den oberen der beiden Blutdruckwerte, die man messen kann (Abb. 3). Bei einem gesunden Menschen liegt er im Durchschnitt bei 120 mmHg. Der Blutdruck wird an der großen Arterie in Höhe des Herzens gemessen. Er gibt Aufschluss darüber, ob selbst in den entferntesten Körperbereichen, wie der Haut des kleinen Zehs, noch genug Druck in den kleinsten Blutgefäßen vorhanden ist, um diese zu versorgen.

Yoga und den Blutdruck messen.
Abb. 3

Unmittelbar nachdem sich das Herz auf diese Weise zusammengezogen und entleert hat, strömt das Blut aus dem Speicherraum des Herzens, dem linken Vorhof, wieder in die nicht mehr kontrahierte Herzkammer und das Ganze beginnt von vorn. Auch während dieser Zeit kann der Blutdruck am Arm gemessen werden – allerdings sinkt er in dieser Phase, der sogenannten Diastole, und beträgt bei einem gesunden Menschen etwa 80 mmHg. Da es sich um den Blutdruck während der Erschlaffung der Herzkammern handelt, wird er als diastolischer Druck bezeichnet.

Der diastolische Druck ist der Druck, der immer auf den Gefäßwänden lastet, der systolische Druck nur dann, wenn sich das Herz gerade zusammenzieht.

Ein selbstregulierendes System

Das große Wunder des Kreislaufsystems besteht darin, dass es beide Drucke kontinuierlich herzustellen versucht, auch wenn sie kurzfristig durch verschiedene Aktivitäten wie Lagewechsel, körperliche Anstrengung, Anfälle von Wut oder Freude nach oben oder nach unten verschoben werden.
Ein schneller Dauerlauf zum Beispiel erhöht den Druck, der permanent und aktuell auf den Gefäßen lastet, zum Teil enorm – fünf bis zehn Minuten später messen wir wieder die alten Werte. Ein sehr heißes Bad bei einem grippalen Infekt senkt beide Werte deutlich – steigen wir aus der Wanne und warten ein paar Minuten, ist beim Blutdruck wieder alles beim Alten.

kurzfristige Regulation

In den großen Gefäßen befinden sich Sensoren, die auf Druckschwankungen reagieren; andere Sensoren messen den Säuregehalt des Blutes (pH-Wert); wieder andere messen den Dehnungszustand des gefüllten Herzens und der großen Venen. Sie alle senden ständig Signale und melden Werte an die oberste Behörde, das Herz-Kreislauf-Zentrum im Gehirn. Es besteht aus einer Vielzahl verschiedener Nervenzellen, die in einem bestimmten Teil des Gehirns gebündelt sind.

Sie bilden ein Netzwerk einander stimulierender und hemmender Strukturen, die gemeinsam auf die Meldungen der Sensoren reagieren: Lautet die Meldung Blutdruck gerade gefallen, so reagieren sie mit einer Aktivierung oder Hemmung des sympathischen oder parasympathischen Systems, also des sogenannten vegetativen Systems.

Es reagiert am schnellsten auf Druckschwankungen, indem es die Gefäße zwingt, sich zusammenzuziehen oder zu erweitern, oder das Herz schneller oder langsamer schlagen lässt. Ein kurzfristiger Blutdruckabfall, wie er sich z. B. beim Aufstehen aus einer längeren Hocke durch Schwindel bemerkbar macht, wird auf diese Weise wieder hochreguliert.

Ein erhöhter Blutdruck, der sich z. B. nach einer kontroversen Diskussion als Kopfschmerz äußert, wird nach unten reguliert.

mittelfristige Regulation

Diese Regulation des Blutdrucks erfolgt auf andere Weise. Diese Mechanismen sind etwas schwerfälliger als die des vegetativen Systems. Auch sie laufen über die Einwirkung auf die Blutgefäße. Entscheidend ist dabei die Größe der Nierendurchblutung. Wer schon einmal einen Menschen unmittelbar nach einem schweren Unfall mit starkem Blutverlust und Blutdruckabfall beobachtet hat, wird sich erinnern, dass er sehr blass war. Das liegt daran, dass sich durch die Freisetzung eines chemischen Stoffes aus den schlecht durchbluteten Nieren die Blutgefäße zusammenziehen. In diesem Fall, um die Versorgung der wichtigsten Organe wie Herz und Gehirn auf Kosten der im Moment weniger wichtigen Organe aufrechtzuerhalten. Diese Regelung erfolgt innerhalb von Minuten.

langfristige Regulation

Die Langzeitregulation des Blutdrucks (über Stunden) kennt eine ganze Reihe verschiedener Mechanismen. Der Wichtigste hat mit der Flüssigkeitsregulation unseres Körpers zu tun. So wird zum Beispiel mehr Urin ausgeschieden, wenn der Blutdruck dauerhaft erhöht ist.

Regulationsstörungen

Wie jedes Regulationssystem ist auch das Kreislaufregulationssystem prinzipiell störanfällig. Mein Blutdruck ist zu niedrig – häufig sind es sehr schlanke junge Frauen, die mit einer solchen Diagnose durch die Welt laufen.

Wenn sich die Blutdruckwerte eines Menschen konstant auf einem niedrigen Niveau von etwa 85 bis 90 mmHg systolisch und um die 60 mmHg diastolisch bewegen, kann man ihm eigentlich nur gratulieren.

Für die Versorgung der Körperorgane ist ein solcher Druck noch vollkommen ausreichend, und all die Probleme, die aus einem hohen Druck resultieren, wird diese Person nie haben.  Was jedoch häufig mit niedrigem Blutdruck verwechselt wird, ist eine Störung der Regulationsmechanismen, die dazu führt, dass der Druck nicht schnell genug an die Lageveränderungen des Körpers im Raum angepasst werden kann. Die Folge ist in der Regel ein kurzfristiges Schwindelgefühl, das relativ schnell wieder verschwindet. Man spricht dann von einer orthostatischen Dysregulation. Beruhigend ist, dass außer der Gefahr eines kurzen Schwindels keine weiteren Risiken damit verbunden sind. Wer sich durch solche Störungen beeinträchtigt fühlt, wem vielleicht sogar etwas übel ist, kann schnell Abhilfe schaffen: Bewegen, bewegen, bewegen. Bewegung trainiert das Regulationssystem.

Bluthochdruck

Wirklich bedeutsam sind aber die Störungen, die mit einer dauerhaften Abweichung der Blutdruckwerte nach oben einhergehen. Um sie soll es hier gehen. Als noch normal gelten Werte zwischen 130 mmHg systolisch auf der einen und 85 mmHg diastolisch auf der anderen Seite der Skala.

Kontrollbedürftig, aber nicht behandlungsbedürftig sind Blutdruckwerte von 140/90 mmHg. der höhere Wert bezieht sich immer auf den systolischen, der niedrigere auf den diastolischen Druck Alles, was dauerhaft darüber liegt, gilt demnach als Bluthochdruck und ist behandlungsbedürftig.

Statistiken zeigen, dass in den Industrieländern jeder Fünfte einen dauerhaft erhöhten Blutdruck in diesem Sinne hat. Bei den über 65-Jährigen ist es bereits jeder Zweite. Ein dauerhaft erhöhter Blutdruck wird in der Fachsprache als Hypertonie oder Hypertonus bezeichnet, wörtlich Überspannung. Dieser Begriff weckt jedoch oft eine falsche Assoziation, denn die wenigsten Menschen, die mit einem erhöhten Blutdruck zu tun haben, fühlen sich überspannt.

Viel häufiger wird ein erhöhter Blutdruck, auch ein stark erhöhter, als Zufallsbefund bei einem Arztbesuch festgestellt, als dass der Betroffene ihn selbst bemerkt. Nur die Hälfte aller Betroffenen wird durch Beschwerden auf die Spur eines bestehenden Bluthochdrucks gebracht. Als Symptome können Kopfschmerzen oder Kopfdruck, innere Unruhe und Reizbarkeit den erhöhten Blutdruck begleiten.

In vielen Fällen wird die Diagnose erst gestellt, wenn der Druck über Jahre hinweg die Gefäße oder das Herz so stark belastet hat, dass ein Mensch mit Herzinfarkt oder Schlaganfall ins Krankenhaus eingeliefert wird.

Hier zeigt sich das eigentliche Problem eines langjährigen Bluthochdrucks: die Schädigung der Blutgefäße. Bluthochdruck wird deshalb so ernst genommen, weil er einer der Hauptgründe für die Entwicklung einer Erkrankung ist, die das arterielle Gefäßsystem betrifft, die Atherosklerose. Sie ist unter anderem verantwortlich für die meisten Herzinfarkte, für Schlaganfälle und für Veränderungen am Augenhintergrund, die das Sehvermögen einschränken können. Weitere Risikofaktoren für die Entstehung von Arteriosklerose sind unter anderem Rauchen und erhöhte Blutfettwerte.

Ursachenforschung

Bei 90 Prozent der Betroffenen lassen sich die Ursachen für eine Blutdruckentgleisung auch heute noch nicht mit Sicherheit benennen. Man geht davon aus, dass in etwa der Hälfte der Fälle die Veranlagung zum Bluthochdruck vererbt wird. Gleichzeitig sind eine Reihe von Faktoren bekannt, die die Blutgefäße belasten und schädigen können. Was sind die Auslöser?

  • fettreiche Ernährung, wie sie in unseren Breitengraden üblich ist
  • Übergewicht
  • Bewegungsmangel
  • übermäßiger Alkoholkonsum
  • Rauchen
  • Stress
  • bei Frauen insbesondere der Östrogenabfall in den Wechseljahren

Sieht man von letzterem ab, so sind dies alles Dinge, die leicht zu beeinflussen sind: So lässt sich ein erhöhter Blutdruck durch Änderungen des Lebensstils beeinflussen.

Yoga und Bluthochdruck

YOGA hat sich in den vergangenen Jahren als therapeutisch wirksam bei Bluthochdruck erwiesen. Dies gilt allerdings nur, wenn regelmäßig, d. h. fast täglich, und vor allem in der richtigen Intensität geübt wird. Dennoch können auch Menschen mit Bluthochdruck von Yoga profitieren, wenn sie nur einmal pro Woche in einer Gruppe mit anderen üben, denn in den meisten Fällen verlassen sie den Übungsraum mit einem Gefühl der Entspannung. Wie für alle Menschen kann Yoga auch für sie ein Gewinn sein, wenn sie Übungen vermeiden, die ihnen schaden. Um diesen Aspekt geht es in diesem Abschnitt.

Unterricht in der Gruppe – was tun, was lassen?

Angesichts der Häufigkeit von Blutdruckerkrankungen ist es nicht verwunderlich, dass YogalehrerInnen in fast jeder Gruppe TeilnehmerInnen haben, die davon betroffen sind. Was kann aus all dem, was über die Mechanismen der Blutdruckregulation bekannt ist, für einen gesunden Yogaunterricht abgeleitet werden? Was müssen wir wissen, worauf müssen wir achten, wenn wir diese Menschen unterrichten?

Bluthochdruck wird meist erst spät erkannt.

Der Druck, der jahrelang auf den Gefäßen lastet, hat meist schon viel Gelegenheit gehabt, sein Unwesen zu treiben. Der Verschleiß der Gefäße zeigt sich im Elastizitätsverlust ihrer Wände und in Verengungen durch Verkalkung der Innenwand, der sogenannten Atherosklerose. Vor allem die feinen Gefäße wie die Augen- und Hirnarterien leiden darunter. Sie sind daher besonders gefährdet, bei kurzfristiger Blutmengenzunahme zu reißen oder sich durch Anlagerung an die atherosklerotisch veränderten Wände zu verschließen.

Die Folge ist eine Schädigung der Umgebung. Am Auge kann dies zu irreversiblen Ausfällen führen, im Gehirn verursachen diese Veränderungen die Schäden, die wir als Schlaganfall kennen. Dabei gilt: Je länger der Bluthochdruck besteht, desto größer ist das Risiko für diese Komplikation.

Wie bereits beschrieben, wird das Risiko für Gefäßveränderungen zusätzlich durch Faktoren wie Rauchen, erhöhte Blutfettwerte oder andere Erkrankungen wie Diabetes erhöht. Dies ist primär beim Unterrichten älterer Menschen zu berücksichtigen.
Es geht also darum, sich beim Unterrichten dieser Risiken bewusst zu sein. In diesem Zusammenhang ist der flotte Spruch, Yoga tut immer dann gut, wenn es nicht schadet, zutreffend.

Umkehrhaltungen

Vor diesem Hintergrund wird klar, dass Umkehrhaltungen für jemanden mit hohem Blutdruck keinen Sinn ergeben. Wir wissen, dass Umkehrhaltungen zu einem sofortigen und massiven Druckanstieg in den Blutgefäßen des Kopfes führen.

  • Wer will das Risiko für einen Hypertoniker wirklich einschätzen können?
  • Wer will wissen, wie lange der Bluthochdruck schon besteht, welche anderen Risikofaktoren hinzukommen, welche Veränderungen das Gefäßsystem bereits aufweist?
  • Wie hoch ist die Belastung der Gefäße im Kopf wirklich, wie hoch steigt der Druck dort, wo die Druckregulation auch mit Medikamenten gestört ist?

Viparīta karaṇī, śirṣāsana und sarvāṇgāsana (Abb. 4, von links nach rechts) sind daher wenig geeignet für Menschen mit Bluthochdruck.

Yoga und Blutdruck: Die Umkehrpositionen; Viparīta karaṇī, śirṣāsana und sarvāṇgāsana.
Abb. 4

Neben den großen Umkehrhaltungen gibt es noch andere Āsana, die in ihrer Wirkung auf die Druckverhältnisse in den Gefäßen mehr oder weniger den Umkehrhaltungen entsprechen. Dazu gehört hauptsächlich adhomukha śvānāsana (Abb. 5 links). In geringerem Maße, aber dennoch ebenfalls zu berücksichtigen, sind dvipāda pīṭham und uttānāsana (Abb. 5 Mitte und rechts); ganz besonders, wenn sie intensiv und statisch geübt werden.

Yoga und Blutdruck: Die Umkehrpositionen; adhomukha śvānāsana, dvipāda pīṭham und uttānāsana.
Abb. 5

Wenn nötig, könnte z. B. uttānāsana zum Hocker geübt werden (Abb. 6).

Yoga und Blutdruck: Die Umkehrpositionen; uttānāsana zum Hocker.
Abb. 6

Spannung

Hohe Körperspannung erhöht den Blutdruck, wenn diese Spannung nicht in Bewegung umgesetzt wird.

Während z.B. zügiges Gehen oder Radfahren den Blutdruck senken, wird er durch angespanntes Verharren in einer anstrengenden Position erhöht.

Je angespannter die Position ist und je länger sie gehalten wird, desto stärker ist dieser Effekt. Deshalb sind z. B. Rückbeugen spannungsreicher als Vorbeugen, stehende Positionen spannungsreicher als liegende Positionen. Grundsätzlich gilt, dass Menschen mit hohem Blutdruck vom dynamischen Üben solcher Positionen viel mehr profitieren als vom statischen, mit Ausnahme von Entspannungspositionen im Liegen oder Sitzen im Prāṇāyāma oder in der Meditation.

Atem

Im Yoga lässt das bewusste Betonen der Einatmung mithilfe von besonderen Atemtechniken die Gesamtspannung im System ansteigen. Auch der Blutdruck als Systemgröße reagiert darauf mit einer Erhöhung. Bei TeilnehmerInnen mit erhöhtem Blutdruck sollte daher die Einatmung nicht betont werden oder im Mittelpunkt einer Übung oder gar eines Kurses stehen.

Manchmal kann es hilfreich sein, die Rückbeugen mit der Ausatmung zu beginnen und dort für eine bewusst kurze Einatmung zu verweilen, bevor die TeilnehmerInnen wieder – wie gewohnt – ausatmend in die Ausgangsposition zurückkehren (Abb. 7).

Yoga und Blutdruck: Die Rückbeuge mit der Ausatmung einnehmen.
Abb. 7

Yoga und Blutdruck: Die Umkehrpositionen;

Belastung

Personen mit Bluthochdruck wird in der Regel von ärztlicher Seite empfohlen, sich im normalen Rahmen körperlich zu betätigen und zu belasten.

Regelmäßige, angemessene körperliche Anstrengung, die mit Bewegung verbunden ist, senkt den Blutdruck.

Gänzlich ungeeignet wäre aber etwa Yoga in einem auf 40 Grad aufgeheizten Raum. Oder eine Serie intensiver Sonnengrüße, bis der Schweiß in Strömen fließt. Anders als etwa beim Joggen ist eine große Anstrengung bei der Arbeit mit Āsana in der Regel auch mit einer hohen Körperspannung verbunden, die dem Bluthochdruck nicht mehr zuträglich ist.

Bestimmte Blutdruckmedikamente wie die häufig eingesetzten Betablocker senken den Blutdruck über den Weg der Herzkraftminderung; sie bremsen das Herz in seiner druckerzeugenden Kraft etwas aus. Im Alltag ist das kein Problem – der positive, drucksenkende Effekt überwiegt bei Weitem. Wer allerdings in seinen Kursen körperlich sehr anstrengende Übungen durchführen lässt, sollte dies bedenken. Insbesondere ältere Menschen mit Herzproblemen könnten Probleme bekommen.

Positionswechsel

Die Fähigkeit, den Blutdruck bedarfsgerecht zu regulieren, ist bei Menschen mit Bluthochdruck eingeschränkt.

Dies ändert sich – und das ist wichtig – auch dann nicht, wenn die Erkrankung bekannt, medikamentös behandelt und gut eingestellt ist.

Die grundsätzliche Schwäche, den Druck bei rasch wechselnden Körperhaltungen immer wieder an die Norm anzupassen, bleibt bestehen. Diese Schwäche äußert sich zumindest in einer Verzögerung. So stellen schnelle Haltungswechsel für die Betroffenen manchmal ein Problem dar. Das bedeutet nicht, dass sie auf viele Übungen verzichten müssen. Sie profitieren jedoch mehr von Pausen zwischen den Übungen, vom Schaffen von Übergängen zwischen den Übungen.

So tut Yoga gut

Trotz der genannten Einschränkungen ist Menschen mit Bluthochdruck regelmäßiges Yoga zu empfehlen. Denn moderate Bewegung senkt den Blutdruck mittel- und langfristig.

Angesichts einer der häufigsten Ursachen für erhöhten Blutdruck, dem Bewegungsmangel, können gut und behutsam angeleitete Yogaübungen auf diesem Wege zu einer Verbesserung der Blutdrucksituation beitragen, auch wenn sie das von ärztlicher Seite dringend empfohlene Ausdauertraining natürlich nicht ersetzen können.

Die wohl nachhaltigste und effektivste Wirkung von Yoga auf erhöhten Blutdruck kann jedoch in dem Bereich erwartet werden, in dem Yoga unschlagbar ist:

Yoga baut Stress ab.

Die stressreduzierende Wirkung von Yogaübungen aller Art, seien es Körperübungen, Atemübungen, die Arbeit mit Mantren oder mentale Entspannungsübungen, konnte mittlerweile auch in wissenschaftlich seriösen Studien nachgewiesen werden. Yogalehrende wissen dies schon lange aus Erfahrung: Nach einem guten Yogaunterricht fühlen sich die TeilnehmerInnen durchweg entspannter und ausgeglichener. Und auf welche Art und Weise eine solche Stimmung so beeindruckende Effekte wie die Verbesserung eines hohen Blutdrucks hervorrufen kann – darüber wird auch in wissenschaftlichen Kreisen noch immer gerätselt. ▼

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