Die Schulter

In der modernen Arbeits- und Alltagswelt spielen Belastungen der Schultergelenke durch schweres Heben und Tragen bei weitem nicht mehr die Rolle wie früher. Die Hausarbeit beinhaltet nicht mehr das wöchentliche Wäschewaschen am großen Waschkessel oder das kraftvolle Schrubben von Holzböden; kaum jemand muss noch schwere Gewichte schultern.

Deshalb mag es auf den ersten Blick verwundern, dass Schulterbeschwerden heute so häufig sind. Auch in der Āsanapraxis, in der auf die eine oder andere Weise das Schultergelenk ins Spiel kommt. Wie so oft wird dies erst dann bewusst, wenn dabei ein Problem auftritt, wie Schmerz oder eine Bewegungseinschränkung.

Was sind die Besonderheiten des Schultergelenks? Welche Störungen können auftreten, wie können sie erklärt werden? Was bedeuten diese Probleme bei der Praxis von Āsana? Was kann im Yogaunterricht getan, was gelassen werden? Damit befasst sich der folgende Artikel.

An dieser Stelle noch ein Hinweis: Informationen zur Aussprache und Schreibweise der verwendeten Sanskrit-Begriffe findest Du im Bereich Fragen und Antworten.

Die Schulter

In der modernen Arbeits- und Alltagswelt spielen Belastungen der Schultergelenke durch schweres Heben und Tragen bei weitem nicht mehr die Rolle wie früher. Die Hausarbeit beinhaltet nicht mehr das wöchentliche Wäschewaschen am großen Waschkessel oder das kraftvolle Schrubben von Holzböden; kaum jemand muss noch schwere Gewichte schultern.

Deshalb mag es auf den ersten Blick verwundern, dass Schulterbeschwerden heute so häufig sind. Auch in der Āsanapraxis, in der auf die eine oder andere Weise das Schultergelenk ins Spiel kommt. Wie so oft wird dies erst dann bewusst, wenn dabei ein Problem auftritt, wie Schmerz oder eine Bewegungseinschränkung.

Was sind die Besonderheiten des Schultergelenks? Welche Störungen können auftreten, wie können sie erklärt werden? Was bedeuten diese Probleme bei der Praxis von Āsana? Was kann im Yogaunterricht getan, was gelassen werden? Damit befasst sich der folgende Artikel.

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Die Schulter

In der modernen Arbeits- und Alltagswelt spielen Belastungen der Schultergelenke durch schweres Heben und Tragen bei weitem nicht mehr die Rolle wie früher. Die Hausarbeit beinhaltet nicht mehr das wöchentliche Wäschewaschen am großen Waschkessel oder das kraftvolle Schrubben von Holzböden; kaum jemand muss noch schwere Gewichte schultern.

Deshalb mag es auf den ersten Blick verwundern, dass Schulterbeschwerden heute so häufig sind. Auch in der Āsanapraxis, in der auf die eine oder andere Weise das Schultergelenk ins Spiel kommt. Wie so oft wird dies erst dann bewusst, wenn dabei ein Problem auftritt, wie Schmerz oder eine Bewegungseinschränkung.

Was sind die Besonderheiten des Schultergelenks? Welche Störungen können auftreten, wie können sie erklärt werden? Was bedeuten diese Probleme bei der Praxis von Āsana? Was kann im Yogaunterricht getan, was gelassen werden? Damit befasst sich der folgende Artikel.

An dieser Stelle noch ein Hinweis: Informationen zur Aussprache und Schreibweise der verwendeten Sanskrit-Begriffe findest Du im Bereich Fragen und Antworten.

Bewegungsmangel

Die Gründe dafür liegen im Aufkommen vollkommen neuer und anderer Anforderungen an unseren Körper. An erster Stelle ist hier die dramatisch zunehmende Bewegungsarmut zu nennen. Der Mensch braucht Muskeln, Bänder, Knochen und Gelenke, um sich bewegen zu können – aber ebenso benötigen unsere Muskeln, Bänder, Knochen und Gelenke Bewegung, um gesund und funktionsfähig zu bleiben.

Je regelmäßiger und abwechslungsreicher wir uns bewegen, desto besser für alle Bereiche des Bewegungsapparates.

Das gilt natürlich auch für die Schulter. Dem steht jedoch der hohe Bewegungsmangel in unserem heutigen Arbeits- und Freizeitalltag entgegen. Gleichzeitig gibt es immer mehr Menschen, die sowohl in der Arbeit als auch in der Freizeit mit ihren Händen, Armen und damit auch mit ihren Schultern immer wieder die gleichen Bewegungen ausführen: beim Hantieren mit der Computermaus, an der Supermarktkasse ebenso wie im Fitnessstudio oder an der Spielkonsole.

Die medizinische Forschung zu den Ursachen von Beschwerden des Bewegungsapparates ist sich sicher: Zu wenig Bewegung insgesamt, immer gleiche Bewegungsabläufe, wenig Abwechslung in den alltäglichen Bewegungen, monotone Arbeitsabläufe, all das sind außergewöhnliche, oft nur unzureichend bewältigte und leider oft unterschätzte Belastungen für den menschlichen Bewegungsapparat.

Gerade bei der Frage nach einer geeigneten Vorbeugung oder bei der Suche nach langfristigen Lösungen für Erkrankungen des Bewegungsapparates ist es wichtig, sich diesen Zusammenhang vor Augen zu halten. Aber natürlich reicht der Blick auf solche allgemeinen Ursachen nicht aus, wenn erklärt werden soll, wie ein akuter Schmerz im Schultergelenk letztlich entstanden ist. Dazu braucht es eine etwas genauere Beschäftigung mit dem Aufbau und der Funktion der Schulter.

Nicht immer finden sich befriedigende Erklärungen

Um falschen Hoffnungen gleich vorweg zu begegnen: Wer hofft, den verschiedenen Beschwerden des Schultergelenks immer eine eindeutige Ursache zuordnen zu können, wird enttäuscht.

Gerade das Schultergelenk ist ein solches Wunder an komplexem Zusammenspiel verschiedener Sehnen, Muskeln, Knochen, Knorpel und Schleimbeutel, dass es auch für Experten sehr schwierig ist, die eine, die entscheidende Ursache für eine einmal aufgetretene Störung auszumachen. Gelenkschmerzen haben in der Regel eine lange stumme Vorgeschichte.

Neben der bereits erwähnten Belastung durch Bewegungsmangel und Monotonie spielen Veranlagungen eine Rolle, manchmal Verletzungen, manchmal lange nicht spürbare Dysbalancen und anderes mehr.

Kleine Disharmonien in den verschiedensten Bereichen des Schultergelenks können im Laufe der Zeit eine Kaskade von Störungen auslösen, die schließlich in ein ernsthaftes Schmerzproblem oder eine Bewegungseinschränkung münden können. Welche Dysbalance am Anfang stand, was wirklich ursächlich und was nur Begleiterscheinung war, lässt sich im Nachhinein nur schwer, oft gar nicht mehr feststellen.

Woher also im Einzelnen ein Schmerz oder eine Bewegungseinschränkung im Schulterbereich kommt, ist selbst für medizinische Experten nicht immer leicht zu benennen.

Umso weniger sollten sich Yogalehrende dazu berufen fühlen, im Detail zu analysieren, was aus medizinischer Sicht die Ursache für den Schulterschmerz eines Teilnehmers oder einer Teilnehmerin sein könnte. Und noch weniger sollten sie sich natürlich dazu hinreißen lassen, mit pseudowissenschaftlichen Erklärungen die Lücke zu füllen, die immer wieder durch die – jetzt vielleicht besser verständliche – Erklärungsnot der medizinischen Spezialisten entsteht.

Trotz all dieser Einschränkungen ist es für Yogalehrende von großem Vorteil zu wissen, was und wie sich etwas in der Schulter bewegt und was diesen Bewegungen zugrunde liegt. Warum? Weil man dann viel besser verstehen kann, was zu tun ist, wenn YogateilnehmerInnen während der Übungen über Beschwerden im Schulterbereich klagen. Deshalb zunächst der Blick darauf, wie dieses Gelenk aufgebaut ist und wie es funktioniert.

Ein Blick ins Innere

Das Schultergelenk ist ganz anders aufgebaut als etwa das Knie- oder das Hüftgelenk. So ist insbesondere das Grundmuster, nach dem das Kniegelenk Tag für Tag seine Arbeit verrichtet – beim Gehen, beim Stehen, beim Treppensteigen – im Wesentlichen immer gleich: Wir beugen es, wir strecken es, wir setzen einen Fuß vor den anderen, mal macht es einen großen, mal einen kleinen Schritt, aber es bleibt im Wesentlichen eine Bewegung in nur einer Achse.

Wie anders sieht der Alltag für das Schultergelenk aus! Mit seiner Hilfe heben wir die Kaffeetasse und führen sie zum Mund, leiten wir die Hand nach vorn, wenn wir die Morgenzeitung aus dem Weg schieben; es lässt unsere Arme beim Tanz in einem eleganten Bogen über unserem Kopf schweben, es hält gegen die schwere Schultertasche, es trägt und hält Körperabstand, wenn wir den Mülleimer schleppen. Die Knöpfe hinten am Kleid gehen nicht zu, ohne dass es in Aktion tritt und die Kinder können nicht huckepack getragen werden.

Wir können unsere Arme im Schultergelenk also sowohl

  • nach vorn oben heben
  • seitwärts nach außen und oben bewegen
  • nach innen zur Körpermitte hinführen
  • nach hinten oben heben
  • nach innen und außen drehen
  • und viele dieser Bewegungen noch miteinander kombinieren.
Bemerkenswert ist an diesem Gelenk also vor allem sein enormer Bewegungsradius.

Diese große Beweglichkeit hat aber auch ihren Preis. Vergleichen wir die Schulter noch einmal mit dem Kniegelenk, das im Wesentlichen in einer Bewegungsachse geführt wird, so fallen die starken Bänder auf, die das Knie seitlich, vorn und innen fixieren und seinen Bewegungsradius stark einschränken. Das Hüftgelenk hat einen weitaus größeren Bewegungsradius als das Knie hat das Hüftgelenk. Hier wird der Hüftkopf nicht zuletzt durch die besondere knöcherne Konstruktion des Gelenks sicher und fest umschlossen und in seiner Pfanne gehalten.

Im Vergleich zu diesen Gelenken ist das Schultergelenk ein wahrer Luftikus. Zwar finden wir auch hier die typischen Merkmale eines Kugelgelenks: Es gibt eine Gelenkpfanne, an der zwei Knochen beteiligt sind das Schulterblatt und der kugelige Gelenkkopf des Oberarmknochens, aber in welchem Größenverhältnis stehen sie zueinander?

Im Schultergelenk steht der großen Gelenkfläche des Oberarmkopfes eine sehr kleine und flache Pfanne gegenüber. Um dieses Missverhältnis auszugleichen, hat das Gelenk zwei kleinere Hilfsgelenke zur Seite: ein ganz kleines, welches die Bewegung des Oberarms nach oben hin absichern hilft und ein weiteres, etwas größeres zwischen Schlüsselbein und Schulterblattdach (Abb.1). Die Abbildungen 1 bis 6 sind überarbeitete Bilder aus: PROMETHEUS, Lehratlas der Anatomie, Thieme-Verlag

Abb. 1

Schaut man auf diese Weise in das Gelenk hinein, wird auf den ersten Blick deutlich, dass es gerade nicht die knöcherne Führung ist, die dafür sorgt, dass unser Schultergelenk funktioniert und nicht bei der erstbesten Gelegenheit auseinanderbricht. Ein Blick auf die Schulter hingegen macht auch dem weniger trainierten Zeitgenossen deutlich, dass hier kräftige Muskeln am Werk sind. Sie dienen nicht nur der Bewegung, sondern es sind vorwiegend diese Muskeln, die dem Schultergelenk seinen Halt geben.

Sie machen es zu einem der beweglichsten Gelenke unseres Körpers, geben ihm durch ihre Elastizität ebenso wie durch ihre Aktivität einen enormen Bewegungsspielraum.

Die Anatomen sehen im Schultergelenk deshalb auch den Prototyp eines sogenannten muskelgeführten Gelenks. Unter der dicken Muskelschicht wird das Schultergelenk noch durch eine Reihe von festen Bändern nach oben, hinten und vorn zusätzlich stabilisiert. Sie helfen, das Gelenk zu sichern und seine Bewegungen auf angemessene Weise zu führen (Abb. 2).

Abb. 2

Ein für Störungen besonders anfälliger Bereich sind die Sehnen, mit denen die Muskeln am Knochen haften. Sie bewegen sich praktisch bei jeder Bewegung des Arms in Richtung ihrer Umgebung. Deshalb benötigen sie einen besonderen Schutz sowohl gegen Reibung untereinander als auch gegen Reibung mit den Gelenkknochen, über die sie laufen.

Diesen Schutz bieten verschiedene Schleimbeutel. Sie liegen wie ein inneres Schulterpolster zwischen Sehnen und Knochen (Abb. 3 Pfeil).

Abb. 3

Um die große Beweglichkeit zu gewährleisten, muss die Gelenkkapsel, die das Gelenk schützt, sehr groß sein. Ihre Aufgabe ist es, Gelenkflüssigkeit abzusondern, damit die Knorpelflächen im Gelenk bei Bewegungen leichter aneinander vorbeigleiten können. Da wir nicht für alle Tätigkeiten die größten Bewegungsradien des Gelenks benötigen, faltet sich die Gelenkkapsel bei kleinen Bewegungen, wie beim Schreiben am Computer, zusammen und bildet schmale Einbuchtungen.

Und als wäre das nicht schon kompliziert genug, verläuft durch diesen Spalt auch noch die Muskelsehne des berühmten Bizepsmuskels. Er ist für die Form unseres Oberarms verantwortlich, übernimmt aber auch die Funktion des Unterarmbeugers. Es wird also eng in diesem großen Gelenk, aber so komplex diese Strukturen auch erscheinen mögen, normalerweise und meistens arbeiten sie alle harmonisch zusammen.

Kein anderes Lebewesen kann seine Hände und Arme so gebrauchen wie wir Menschen, und entsprechend kompliziert sind der innere Aufbau und die aufeinander abgestimmte Mechanik und neuronale Bewegungskoordination des Schultergelenks.

Die Erfahrung zeigt, dass dort, wo vieles zusammen funktionieren muss, auch schnell etwas schief gehen kann.

So ist das Schultergelenk auch empfindlicher und störanfälliger als etwa das Handgelenk.

Gelenkschmerzen zum Beispiel: Hüfte und Knie

Für Gelenke wie das Hüftgelenk oder das Kniegelenk gilt: Die meisten Schmerzen dort sind die Folge einer sogenannten Arthrose. Der Begriff beschreibt Veränderungen eines Gelenks, die Ausdruck seines übermäßigen Verschleißes, seiner Abnutzung sind.

Man geht heute davon aus, dass am Anfang der Arthrose eine Störung in der Produktion der Gelenkschmiere steht. Dadurch wird im Laufe der Zeit zunächst das Knorpelgewebe angegriffen. Später werden auch die entsprechenden Knochen in Mitleidenschaft gezogen. Im weiteren Verlauf führt die Arthrose zu einer Schrumpfung der Gelenkkapsel. Bei bewegungsbedingten Lageveränderungen reiben die Knochen aufeinander. Bewegungen werden zunehmend schmerzhaft und sind bei fortgeschrittener Arthrose nur noch eingeschränkt möglich.

Als gesicherte Diagnose beschreibt der Begriff Arthrose in der Regel eine im Röntgenbild sichtbare Veränderung der dort aufeinander treffenden Knochen. So weisen die betroffenen Knochen Verdichtungen oder kleine Knochenwucherungen auf. Von diagnostischer Bedeutung sind auch indirekte Hinweise auf eine Veränderung im Gelenk, wie eine Verschmälerung des Gelenkspalts. Auf einem normalen Röntgenbild im Gegensatz zu anderen, allerdings sehr viel aufwendigeren bildgebenden Verfahren wie CT oder MRT kann man jedoch immer nur knöcherne Veränderungen erkennen, also keinen Knorpel, keine Bandscheibe, keinen Schleimbeutel. Aus der Beobachtung entsprechender Veränderungen am Knochen wird daher auf eine schon länger bestehende Reizung und Entzündung des entsprechenden Gelenks geschlossen.

Soweit die Situation, wie sie sich z. B. für die Hüfte, das Knie oder die Wirbelsäule darstellt und wo unter den Ursachen für Beschwerden den arthrotischen Veränderungen die weitaus größte Bedeutung zukommt.

Gelenkschmerzen Schulter

Ganz anders sieht es beim Schultergelenk aus. Nachdem, was hier bisher über seinen Aufbau berichtet wurde, ist es nicht verwunderlich, dass die Diagnose Arthrose hier selten gestellt wird. Da im Schultergelenk die Gelenkflächen der beteiligten Knochen sehr klein und nur geringen mechanischen Belastungen ausgesetzt sind, treten Arthrosen in diesem Gelenk eher selten auf.

Die meisten Schmerzen im Schultergelenk haben ihre Ursache in einer Form von Entzündung, von Reizung. In der medizinischen Fachsprache wird dies als Arthritis bezeichnet, was so viel bedeutet wie Gelenkentzündung. Angesichts der vielen Strukturen, die das Schultergelenk ausmachen oder berühren, kann dies vieles bedeuten: zum Beispiel:

  • kann die Sehne, die durch das Schultergelenk verläuft, entzündet sein
  • auch die Innenhaut der Gelenkkapsel kann entzündlich gereizt sein und in der Folge verkleben
  • die Muskeln können dort entzündet sein, wo sie über ihren Sehnenanteil mit dem Knochen verbunden sind
  • Entzündungen entstehen häufig auch in einem der vielen Schleimbeutel, die die verschiedenen Strukturen gegeneinander abpolstern
  • darüber hinaus können abgelaufene Entzündungsprozesse Spuren hinterlassen, die wiederum zu neuen Entzündungen führen
  • besonders betroffen ist der Sehnenansatzbereich der sogenannten Rotatorenmanschette Rotatoren = Dreher des Schultergelenks. Dabei fasert durch Fehlbelastungen das Sehnengewebe aus, ähnlich einer Hanfschnur, die über eine scharfe Kante gezogen wird.
Abb. 4

Abb 4 links stellt das Schulterblatt und Schultergelenk von hinten, in Abb. 4 rechts von vorn dar. Die Schulterdreher – Rotatoren – setzen mit ihren Sehen an einer Rauigkeit ganz weit oben an der Hinterseite (c) und an der Vorderseite (d) des Oberarmknochens an. Die Supraspinatussehne verläuft dabei knapp unter dem Schulterdach (e). Dort, wo die Sehne mit dem Knochen in Kontakt ist, kommt es leicht zur Reibung und entzündlichen Veränderungen. Schleimbeutel, Sehnen und Bänder werden stark gereizt. Der Organismus reagiert darauf mit Schwellungen und Kalkablagerungen (Abb. 5)

Abb. 5

Diese Verkalkungen (es handelt sich um echte Kalkbröckchen) liegen als Fremdkörper zwischen den vielen weichen Geweben der Schulter und führen bei der Bewegung des Armes zu neuen kleinen Verletzungen, die ihrerseits wieder entzündliche Reaktionen des Körpers auslösen – ein unguter Kreislauf.

Eine durch abgelaufene Entzündungen verdickte Muskelsehne Supraspinatussehne ist es auch, die nicht selten in den engen Raum unter dem Schulterdach eingeklemmt wird und zu einer sehr schmerzhaften Bewegungseinschränkung führen kann (Abb. 6) Die häufigste Ursache: Eine oft durch Kalkablagerungen verdickte Supraspinatussehne wird beim Anheben des Armes unter das Acromion und den darunter liegenden Schleimbeutel gezwängt - impinge = stoßen. Dieses sogenannte Impingement-Syndrom Schmerzbogen kann aber auch durch andere degenerative Veränderungen im Bereich des Schulterdaches Akromion verursacht werden.

Schmerzen beim Anheben des Armes werden als »Schmerzhafter Bogen« oder »Impingementsyndrom« beschrieben. Aber auch andere degenerative Veränderungen in diesem Bereich der Schulter können zu Schmerzen beim Armheben führen.

Abb. 6

Konsequenzen für die Yogapraxis

Was ist für die Yogapraxis wichtig zu wissen? Manche Menschen, die mit Schulterschmerzen in die Yogastunde kommen, haben bereits ärztlichen Rat und Hilfe gesucht. Dann ist es natürlich wichtig zu wissen, was von dieser Seite empfohlen wurde. Die wichtigste Frage der Yogalehrenden an die Betroffenen lautet dann:

Darf das Gelenk überhaupt bewegt werden? Auf jeden Fall müssen sich die Yogalehrenden immer auch selbst ein Bild von der aktuellen Situation machen. Wo die Komplexität des Schmerzgeschehens im Bereich der Schulter es Experten schon schwer macht, eindeutige Diagnosen zu stellen, wären YogalehrerInnen mit einem solchen diagnostischen Anspruch natürlich überfordert. Darum kann es also nicht gehen. Dennoch können in der Regel die Informationen erfragt werden, die eine klare und angemessene Orientierung in den weiteren Übungsvorschlägen ermöglichen.

Akut entzündet oder chronisch?

Vor allem eine grobe Unterscheidung ist wichtig und auch für den Laien weitgehend möglich: Ist das Schultergelenk gerade akut entzündet oder eher chronisch gereizt?

Bei einer akuten Entzündung besteht in der Regel ein Dauerschmerz. Oft berichten die Betroffenen auch, dass sich das Gelenk warm oder heiß anfühlt und dass schon die kleinste Bewegung weh tut und die Schmerzen dauerhaft verstärkt. Auch Berührungen werden manchmal nicht gut vertragen.

Es kann aber auch sein, dass das Gelenk chronisch gereizt ist – das ist dann dasselbe wie chronisch entzündet. Dann schmerzt es nicht immer, aber häufig nach alltäglichen Belastungen. Oft sind auch nur bestimmte Bewegungen schmerzhaft, z. B. den Arm auf den Rücken zu legen oder ihn über eine bestimmte Höhe, nur nach vorn oder nur zur Seite zu heben. Dazu fehlt das Wärmegefühl, mehr noch, die Betroffenen beschreiben eine Besserung des Schmerzes oder der Bewegung nach einer warmen Dusche oder einem Sonnenbad. Nicht selten fühlen und reagieren die Beschwerden ähnlich wie bei einer reinen Verspannung der Schultermuskulatur, die nichts mit einer Entzündung zu tun hat.

Wer Yoga unterrichtet, sollte daher versuchen, zwischen akuten und chronischen Reizzuständen zu unterscheiden. Dabei geht es um das, was die TeilnehmerInnen aktuell berichten, und nicht darum, wie sich die Schulter vielleicht letzte Woche noch angefühlt hat oder wie die Entwicklung hin zur jetzigen Situation verlaufen ist. Noch einmal in der Übersicht:

Akute Reizung
Ist das Gelenk akut entzündet, führt jede Bewegung leicht zu einer erneuten Reizung der betroffenen Anteile und verschlimmert häufig die Beschwerden sowie die Gesamtsituation. Die ohnehin geschwollenen Schleimhäute schwellen weiter an, der Entzündungsprozess verstärkt sich und die schmerzfreien Bewegungsfelder können weiter abnehmen. Ist das Schultergelenk stark entzündet, sollten ärztliche Maßnahmen ergriffen werden. Fast alle Bewegungen aus dem Yogarepertoire sind hier nicht hilfreich.

Chronische Reizung
Anders sieht es aus, wenn eine mäßige Reizung über einen längeren Zeitraum anhält. Man spricht dann von einer chronischen Entzündung. Menschen mit den oben angesprochenen Beschwerden treffen wir regelmäßig als TeilnehmerInnen in Yogagruppen an. Ihnen können und sollten wir als Lehrende Übungsvorschläge machen. Warum und wie?

Auf die große Bedeutung der Muskulatur für das Schultergelenk wurde bereits hingewiesen. Muskeln nehmen es übel, wenn sie nicht benutzt werden: Sie schrumpfen, verkürzen sich, verlieren an Funktionsfähigkeit, Kraft und Masse. Dabei werden aktive Muskelfasern durch Bindegewebe verdrängt, das aber nicht in der Lage ist, die Muskeln in ihrer Funktion zu ersetzen. Das gilt für die Muskulatur eines wochenlang im Gips ruhig gestellten Beins ebenso wie für ein Schultergelenk, das nicht ausreichend bewegt wird. Während der Muskelschwund in einem gebrochenen Bein dazu führt, dass uns dort die Kraft zum Laufen fehlt, und dies recht gut behoben werden kann, hat das gleiche Phänomen bei der Schulter fatalere Folgen.

Wenn sich Muskeln im Schultergelenk verkürzen, wenn sie schrumpfen und an Qualität verlieren, wird es eng im Gelenk: Die Falten der großen Gelenkkapsel verkleben, die Sehnen gleiten mangels Gelenkschmiere nicht mehr geschmeidig übereinander, der Zug auf das Gelenk selbst nimmt zu und es versteift allmählich – und das gar nicht so langsam.

Leider ist dieser Prozess – so schnell er sich auch entwickelt – nur sehr langwierig und schwer rückgängig zu machen. Aus dieser Erfahrung heraus hat die Medizin schon sehr früh davon Abstand genommen, z. B. ein Schultergelenk einzugipsen oder nach einer Operation lange ruhigzustellen. Dieses Beispiel zeigt, wie sehr eine gesunde Schulter auf Bewegung angewiesen ist. Bewegen, bewegen, bewegen ist daher eine wichtige Devise für das Schultergelenk.

Wie vorgehen?

YogalehrerInnen sollten sich nicht aufgefordert fühlen, einem/einer KursteilnehmerIn die Schmerzen im Schultergelenk mit Yogaübungen wegtrainieren zu wollen. Im Übrigen gibt es die Übungen gegen Schulterschmerzen auch gar nicht. Wer als TeilnehmerIn am Gruppenunterricht teilnimmt, erwartet in der Regel auch nur, dass er so gut angeleitet wird, dass er die meisten Übungen ohne Probleme mitmachen kann und nachher nicht mehr Schmerzen hat als vorher. Realistisch betrachtet kann im Gruppenunterricht auch nicht mehr geleistet werden. Aber damit die Teilnahme am Unterricht positiv erlebt werden kann, ist es wichtig, Informationen auszutauschen. Andernfalls wissen Unterrichtende nicht, worauf sie achten sollten.

Was vermeiden?

Bei akuter Reizung
Aus dem bisher Beschriebenen wird klar, dass bei einer akuten Entzündung mit allen Armbewegungen sehr sparsam umgegangen werden muss. Da die Reaktion auf zu viel Bewegung oft erst nach Stunden spürbar wird, ist man auf der sicheren Seite, wenn man die Armbewegungen auf ein Minimum reduziert und wenn möglich ganz darauf verzichtet.

Was Yoga mit seinen Übungen in einer solchen Situation bewirken kann, ist nicht wirklich absehbar. Mit etwas Fantasie lassen sich auch viele der Übungen, bei denen man sich spontan kaum vorstellen kann, wie sie ohne Armbewegung durchgeführt werden können, entsprechend variieren. Es versteht sich von selbst, dass alle Übungen, die das Gelenk belasten, bei einer akuten Reizung ungeeignet sind. Cakravākāsana gehört oft zu diesen Übungen.


Bei chronischer Reizung
Auch bei chronischen Beschwerden verschlimmert eine Belastung des Schultergelenks fast immer die Situation. Die folgenden Āsana (Abb.7) sind deshalb in der Regel kontraproduktiv.

Abb. 7

Nicht selten führt allein schon die Verengung des Schultergelenkinnenraums durch bestimmte Bewegungen in solchen Situationen zu einer Verschlechterung. Das Heben der Arme nach vorn hoch über den Kopf verengt z.B. jeweils den Raum zwischen Schulterdach und Oberarmkopf (Abb. 6). Deshalb ist es oft notwendig, für Übungen wie daṇḍāsana (Abb. 8), tādāsana und natürlich auch für das einfache Heben der Arme aus dem Stand (Abb. 9) Variationen für die Armhaltung zu finden, die auch bei Wiederholung keine Probleme bereiten.

Abb. 8

Abb. 9

Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass wir unsere Arme im Schultergelenk nach vorn oben heben, seitlich nach außen und oben bewegen, nach innen zur Körpermitte führen, nach hinten oben heben und nach innen und außen drehen können.

Bei vielen unserer alltäglichen Bewegungen kombinieren wir mehrere dieser Möglichkeiten, und zwar so schnell und leicht, dass wir es kaum bemerken.

Das Schließen eines Büstenhalters zum Beispiel verbindet die Drehung nach innen mit dem Heben der Arme nach hinten zu einer schnellen Bewegung; beim Föhnen der Haare kommen sogar drei oder vier Bewegungsachsen zusammen: das Heben nach vorn mit der Drehung nach innen und der Drehung nach außen im Wechsel. Einachsige Bewegungen kommen im Alltag dagegen nur kaum vor.

Passende Variantensuchen

Wird etwa bei der Anweisung, die Arme über vorn heben, über Schmerzen in der Schulter geklagt, so lässt sich oft doch die volle Bewegung ausführen, wenn bewusst eine zweite Bewegungsebene des Gelenks einbezogen wird. Etwa so, dass beim Anheben der Arme über vorn die noch nach unten zeigenden Handflächen gleichzeitig mit dem Anheben nach innen oder sogar nach oben gedreht werden, was einer Auswärtsdrehung im Schultergelenk entspricht. (Abb. 10)

Abb. 10

Ähnlich verhält es sich beim Heben der Arme über die Seite; bleiben die Handflächen dabei zum Boden gerichtet, tritt der Schmerz bei einem entzündeten Schultergelenk oft plötzlich ein; schlägt man vor, die Hände beim Heben mit den Handflächen nach vorn oder oben zu drehen, ist diese Bewegung manchmal schmerzfrei möglich.

Eine andere Möglichkeit, die schmerzhafte Bewegungseinschränkung zu umgehen, besteht darin, darauf zu bestehen, dass die Ellenbogengelenke bei jedem Heben und Senken der Arme leicht gebeugt werden. Wir können versuchen, herauszufinden, welcher Teil der Bewegung für die auftretenden Schmerzen verantwortlich ist. So kann es etwa sein, dass jemand die Arme nur sehr eingeschränkt bewegen kann, wenn sie nach vorn gehoben werden. Das Heben der Arme über die Seite kann jedoch viel einfacher sein, vielleicht sogar schmerzfrei. Oder umgekehrt ist die Bewegung nach vorn möglich, nicht aber zur Seite.

Da solche Besonderheiten kaum vorhersehbar sind, müssen sie durch Ausprobieren ermittelt werden. Dafür sollte auch im Gruppenunterricht genügend Zeit sein.

Nicht selten treten auch bei passiver Bewegung der Arme, wie bei der Vorbeuge aus cakravākāsana, Schmerzen in den Schultern auf, wenn die Bewegung zu einem starken Zug auf das Gelenk führt: Solche Beschwerden können durch kleine Übungsvarianten vermieden werden. Auch bei der Vorbeuge aus vajrāsana können beim Aufsetzen der Arme Schmerzen in den Schultern auftreten: Eine Variante, bei der die Ellenbogen stark gebeugt und die Hände nahe am Kopf abgelegt werden, kann auch hier oft Beschwerden vermeiden (Abb. 11).

Abb. 11

Die Bewegung der Arme aus der Rückenlage – Taḍākamudrā – mit gestreckten oder aufgestellten Beinen nach hinten kann in einem gewissen sinnvollen Rahmen durch ein festes Kissen unterlegt werden. Es ist aber auch sinnvoll, die Arme seitlich abzulegen; in dieser Position kann man sie sogar einige Zeit statisch ruhen lassen und so zur Verkürzung neigende Muskeln dehnen. Viele Armbewegungen im Sitzen oder Stehen, die die oben beschriebenen Grenzen einhalten, sind möglich und sollten auch geübt werden.

Bei allen Vorbeugen kann man die Arme durchaus auch neben dem Körperlassen. Wenn eine leichte Bewegung der Arme zur Seite möglich ist, kann damit der Ablauf aus der Ausgangsposition beginnen. (Abb. 12)

Abb. 12

Und ein vīrabhadrāsana bleibt ein vīrabhadrāsana, auch wenn die Hände von Anfang bis Ende auf dem Brustkorb ruhen. (Abb. 13)

Abb. 13

All dies dient dazu, den größtmöglichen Bewegungsumfang auszunutzen, der schmerzfrei erreicht werden kann. An dieser Stelle sei nochmals darauf hingewiesen, dass Schmerzen auch noch Stunden nach dem Üben auftreten können. Als Yogalehrende ist man also darauf angewiesen, mit den betroffenen TeilnehmerInnen in Kommunikation zu bleiben, konkret beim nächsten Treffen nachzufragen, ob die letzte Stunde gutgetan oder gar etwas verschlimmert hat. ▼

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Bewegungsmangel

Die Gründe dafür liegen im Aufkommen vollkommen neuer und anderer Anforderungen an unseren Körper. An erster Stelle ist hier die dramatisch zunehmende Bewegungsarmut zu nennen. Der Mensch braucht Muskeln, Bänder, Knochen und Gelenke, um sich bewegen zu können – aber ebenso benötigen unsere Muskeln, Bänder, Knochen und Gelenke Bewegung, um gesund und funktionsfähig zu bleiben.

Je regelmäßiger und abwechslungsreicher wir uns bewegen, desto besser für alle Bereiche des Bewegungsapparates.

Das gilt natürlich auch für die Schulter. Dem steht jedoch der hohe Bewegungsmangel in unserem heutigen Arbeits- und Freizeitalltag entgegen. Gleichzeitig gibt es immer mehr Menschen, die sowohl in der Arbeit als auch in der Freizeit mit ihren Händen, Armen und damit auch mit ihren Schultern immer wieder die gleichen Bewegungen ausführen: beim Hantieren mit der Computermaus, an der Supermarktkasse ebenso wie im Fitnessstudio oder an der Spielkonsole.

Die medizinische Forschung zu den Ursachen von Beschwerden des Bewegungsapparates ist sich sicher: Zu wenig Bewegung insgesamt, immer gleiche Bewegungsabläufe, wenig Abwechslung in den alltäglichen Bewegungen, monotone Arbeitsabläufe, all das sind außergewöhnliche, oft nur unzureichend bewältigte und leider oft unterschätzte Belastungen für den menschlichen Bewegungsapparat.

Gerade bei der Frage nach einer geeigneten Vorbeugung oder bei der Suche nach langfristigen Lösungen für Erkrankungen des Bewegungsapparates ist es wichtig, sich diesen Zusammenhang vor Augen zu halten. Aber natürlich reicht der Blick auf solche allgemeinen Ursachen nicht aus, wenn erklärt werden soll, wie ein akuter Schmerz im Schultergelenk letztlich entstanden ist. Dazu braucht es eine etwas genauere Beschäftigung mit dem Aufbau und der Funktion der Schulter.

Nicht immer finden sich befriedigende Erklärungen

Um falschen Hoffnungen gleich vorweg zu begegnen: Wer hofft, den verschiedenen Beschwerden des Schultergelenks immer eine eindeutige Ursache zuordnen zu können, wird enttäuscht.

Gerade das Schultergelenk ist ein solches Wunder an komplexem Zusammenspiel verschiedener Sehnen, Muskeln, Knochen, Knorpel und Schleimbeutel, dass es auch für Experten sehr schwierig ist, die eine, die entscheidende Ursache für eine einmal aufgetretene Störung auszumachen. Gelenkschmerzen haben in der Regel eine lange stumme Vorgeschichte.

Neben der bereits erwähnten Belastung durch Bewegungsmangel und Monotonie spielen Veranlagungen eine Rolle, manchmal Verletzungen, manchmal lange nicht spürbare Dysbalancen und anderes mehr.

Kleine Disharmonien in den verschiedensten Bereichen des Schultergelenks können im Laufe der Zeit eine Kaskade von Störungen auslösen, die schließlich in ein ernsthaftes Schmerzproblem oder eine Bewegungseinschränkung münden können. Welche Dysbalance am Anfang stand, was wirklich ursächlich und was nur Begleiterscheinung war, lässt sich im Nachhinein nur schwer, oft gar nicht mehr feststellen.

Woher also im Einzelnen ein Schmerz oder eine Bewegungseinschränkung im Schulterbereich kommt, ist selbst für medizinische Experten nicht immer leicht zu benennen.

Umso weniger sollten sich Yogalehrende dazu berufen fühlen, im Detail zu analysieren, was aus medizinischer Sicht die Ursache für den Schulterschmerz eines Teilnehmers oder einer Teilnehmerin sein könnte. Und noch weniger sollten sie sich natürlich dazu hinreißen lassen, mit pseudowissenschaftlichen Erklärungen die Lücke zu füllen, die immer wieder durch die – jetzt vielleicht besser verständliche – Erklärungsnot der medizinischen Spezialisten entsteht.

Trotz all dieser Einschränkungen ist es für Yogalehrende von großem Vorteil zu wissen, was und wie sich etwas in der Schulter bewegt und was diesen Bewegungen zugrunde liegt. Warum? Weil man dann viel besser verstehen kann, was zu tun ist, wenn YogateilnehmerInnen während der Übungen über Beschwerden im Schulterbereich klagen. Deshalb zunächst der Blick darauf, wie dieses Gelenk aufgebaut ist und wie es funktioniert.

Ein Blick ins Innere

Das Schultergelenk ist ganz anders aufgebaut als etwa das Knie- oder das Hüftgelenk. So ist insbesondere das Grundmuster, nach dem das Kniegelenk Tag für Tag seine Arbeit verrichtet – beim Gehen, beim Stehen, beim Treppensteigen – im Wesentlichen immer gleich: Wir beugen es, wir strecken es, wir setzen einen Fuß vor den anderen, mal macht es einen großen, mal einen kleinen Schritt, aber es bleibt im Wesentlichen eine Bewegung in nur einer Achse.

Wie anders sieht der Alltag für das Schultergelenk aus! Mit seiner Hilfe heben wir die Kaffeetasse und führen sie zum Mund, leiten wir die Hand nach vorn, wenn wir die Morgenzeitung aus dem Weg schieben; es lässt unsere Arme beim Tanz in einem eleganten Bogen über unserem Kopf schweben, es hält gegen die schwere Schultertasche, es trägt und hält Körperabstand, wenn wir den Mülleimer schleppen. Die Knöpfe hinten am Kleid gehen nicht zu, ohne dass es in Aktion tritt und die Kinder können nicht huckepack getragen werden.

Wir können unsere Arme im Schultergelenk also sowohl

  • nach vorn oben heben
  • seitwärts nach außen und oben bewegen
  • nach innen zur Körpermitte hinführen
  • nach hinten oben heben
  • nach innen und außen drehen
  • und viele dieser Bewegungen noch miteinander kombinieren.
Bemerkenswert ist an diesem Gelenk also vor allem sein enormer Bewegungsradius.

Diese große Beweglichkeit hat aber auch ihren Preis. Vergleichen wir die Schulter noch einmal mit dem Kniegelenk, das im Wesentlichen in einer Bewegungsachse geführt wird, so fallen die starken Bänder auf, die das Knie seitlich, vorn und innen fixieren und seinen Bewegungsradius stark einschränken. Das Hüftgelenk hat einen weitaus größeren Bewegungsradius als das Knie hat das Hüftgelenk. Hier wird der Hüftkopf nicht zuletzt durch die besondere knöcherne Konstruktion des Gelenks sicher und fest umschlossen und in seiner Pfanne gehalten.

Im Vergleich zu diesen Gelenken ist das Schultergelenk ein wahrer Luftikus. Zwar finden wir auch hier die typischen Merkmale eines Kugelgelenks: Es gibt eine Gelenkpfanne, an der zwei Knochen beteiligt sind das Schulterblatt und der kugelige Gelenkkopf des Oberarmknochens, aber in welchem Größenverhältnis stehen sie zueinander?

Im Schultergelenk steht der großen Gelenkfläche des Oberarmkopfes eine sehr kleine und flache Pfanne gegenüber. Um dieses Missverhältnis auszugleichen, hat das Gelenk zwei kleinere Hilfsgelenke zur Seite: ein ganz kleines, welches die Bewegung des Oberarms nach oben hin absichern hilft und ein weiteres, etwas größeres zwischen Schlüsselbein und Schulterblattdach (Abb.1). Die Abbildungen 1 bis 6 sind überarbeitete Bilder aus: PROMETHEUS, Lehratlas der Anatomie, Thieme-Verlag

Abb. 1

Schaut man auf diese Weise in das Gelenk hinein, wird auf den ersten Blick deutlich, dass es gerade nicht die knöcherne Führung ist, die dafür sorgt, dass unser Schultergelenk funktioniert und nicht bei der erstbesten Gelegenheit auseinanderbricht. Ein Blick auf die Schulter hingegen macht auch dem weniger trainierten Zeitgenossen deutlich, dass hier kräftige Muskeln am Werk sind. Sie dienen nicht nur der Bewegung, sondern es sind vorwiegend diese Muskeln, die dem Schultergelenk seinen Halt geben.

Sie machen es zu einem der beweglichsten Gelenke unseres Körpers, geben ihm durch ihre Elastizität ebenso wie durch ihre Aktivität einen enormen Bewegungsspielraum.

Die Anatomen sehen im Schultergelenk deshalb auch den Prototyp eines sogenannten muskelgeführten Gelenks. Unter der dicken Muskelschicht wird das Schultergelenk noch durch eine Reihe von festen Bändern nach oben, hinten und vorn zusätzlich stabilisiert. Sie helfen, das Gelenk zu sichern und seine Bewegungen auf angemessene Weise zu führen (Abb. 2).

Abb. 2

Ein für Störungen besonders anfälliger Bereich sind die Sehnen, mit denen die Muskeln am Knochen haften. Sie bewegen sich praktisch bei jeder Bewegung des Arms in Richtung ihrer Umgebung. Deshalb benötigen sie einen besonderen Schutz sowohl gegen Reibung untereinander als auch gegen Reibung mit den Gelenkknochen, über die sie laufen.

Diesen Schutz bieten verschiedene Schleimbeutel. Sie liegen wie ein inneres Schulterpolster zwischen Sehnen und Knochen (Abb. 3 Pfeil).

Abb. 3

Um die große Beweglichkeit zu gewährleisten, muss die Gelenkkapsel, die das Gelenk schützt, sehr groß sein. Ihre Aufgabe ist es, Gelenkflüssigkeit abzusondern, damit die Knorpelflächen im Gelenk bei Bewegungen leichter aneinander vorbeigleiten können. Da wir nicht für alle Tätigkeiten die größten Bewegungsradien des Gelenks benötigen, faltet sich die Gelenkkapsel bei kleinen Bewegungen, wie beim Schreiben am Computer, zusammen und bildet schmale Einbuchtungen.

Und als wäre das nicht schon kompliziert genug, verläuft durch diesen Spalt auch noch die Muskelsehne des berühmten Bizepsmuskels. Er ist für die Form unseres Oberarms verantwortlich, übernimmt aber auch die Funktion des Unterarmbeugers. Es wird also eng in diesem großen Gelenk, aber so komplex diese Strukturen auch erscheinen mögen, normalerweise und meistens arbeiten sie alle harmonisch zusammen.

Kein anderes Lebewesen kann seine Hände und Arme so gebrauchen wie wir Menschen, und entsprechend kompliziert sind der innere Aufbau und die aufeinander abgestimmte Mechanik und neuronale Bewegungskoordination des Schultergelenks.

Die Erfahrung zeigt, dass dort, wo vieles zusammen funktionieren muss, auch schnell etwas schief gehen kann.

So ist das Schultergelenk auch empfindlicher und störanfälliger als etwa das Handgelenk.

Gelenkschmerzen zum Beispiel: Hüfte und Knie

Für Gelenke wie das Hüftgelenk oder das Kniegelenk gilt: Die meisten Schmerzen dort sind die Folge einer sogenannten Arthrose. Der Begriff beschreibt Veränderungen eines Gelenks, die Ausdruck seines übermäßigen Verschleißes, seiner Abnutzung sind.

Man geht heute davon aus, dass am Anfang der Arthrose eine Störung in der Produktion der Gelenkschmiere steht. Dadurch wird im Laufe der Zeit zunächst das Knorpelgewebe angegriffen. Später werden auch die entsprechenden Knochen in Mitleidenschaft gezogen. Im weiteren Verlauf führt die Arthrose zu einer Schrumpfung der Gelenkkapsel. Bei bewegungsbedingten Lageveränderungen reiben die Knochen aufeinander. Bewegungen werden zunehmend schmerzhaft und sind bei fortgeschrittener Arthrose nur noch eingeschränkt möglich.

Als gesicherte Diagnose beschreibt der Begriff Arthrose in der Regel eine im Röntgenbild sichtbare Veränderung der dort aufeinander treffenden Knochen. So weisen die betroffenen Knochen Verdichtungen oder kleine Knochenwucherungen auf. Von diagnostischer Bedeutung sind auch indirekte Hinweise auf eine Veränderung im Gelenk, wie eine Verschmälerung des Gelenkspalts. Auf einem normalen Röntgenbild im Gegensatz zu anderen, allerdings sehr viel aufwendigeren bildgebenden Verfahren wie CT oder MRT kann man jedoch immer nur knöcherne Veränderungen erkennen, also keinen Knorpel, keine Bandscheibe, keinen Schleimbeutel. Aus der Beobachtung entsprechender Veränderungen am Knochen wird daher auf eine schon länger bestehende Reizung und Entzündung des entsprechenden Gelenks geschlossen.

Soweit die Situation, wie sie sich z. B. für die Hüfte, das Knie oder die Wirbelsäule darstellt und wo unter den Ursachen für Beschwerden den arthrotischen Veränderungen die weitaus größte Bedeutung zukommt.

Gelenkschmerzen Schulter

Ganz anders sieht es beim Schultergelenk aus. Nachdem, was hier bisher über seinen Aufbau berichtet wurde, ist es nicht verwunderlich, dass die Diagnose Arthrose hier selten gestellt wird. Da im Schultergelenk die Gelenkflächen der beteiligten Knochen sehr klein und nur geringen mechanischen Belastungen ausgesetzt sind, treten Arthrosen in diesem Gelenk eher selten auf.

Die meisten Schmerzen im Schultergelenk haben ihre Ursache in einer Form von Entzündung, von Reizung. In der medizinischen Fachsprache wird dies als Arthritis bezeichnet, was so viel bedeutet wie Gelenkentzündung. Angesichts der vielen Strukturen, die das Schultergelenk ausmachen oder berühren, kann dies vieles bedeuten: zum Beispiel:

  • kann die Sehne, die durch das Schultergelenk verläuft, entzündet sein
  • auch die Innenhaut der Gelenkkapsel kann entzündlich gereizt sein und in der Folge verkleben
  • die Muskeln können dort entzündet sein, wo sie über ihren Sehnenanteil mit dem Knochen verbunden sind
  • Entzündungen entstehen häufig auch in einem der vielen Schleimbeutel, die die verschiedenen Strukturen gegeneinander abpolstern
  • darüber hinaus können abgelaufene Entzündungsprozesse Spuren hinterlassen, die wiederum zu neuen Entzündungen führen
  • besonders betroffen ist der Sehnenansatzbereich der sogenannten Rotatorenmanschette Rotatoren = Dreher des Schultergelenks. Dabei fasert durch Fehlbelastungen das Sehnengewebe aus, ähnlich einer Hanfschnur, die über eine scharfe Kante gezogen wird.
Abb. 4

Abb 4 links stellt das Schulterblatt und Schultergelenk von hinten, in Abb. 4 rechts von vorn dar. Die Schulterdreher – Rotatoren – setzen mit ihren Sehen an einer Rauigkeit ganz weit oben an der Hinterseite (c) und an der Vorderseite (d) des Oberarmknochens an. Die Supraspinatussehne verläuft dabei knapp unter dem Schulterdach (e). Dort, wo die Sehne mit dem Knochen in Kontakt ist, kommt es leicht zur Reibung und entzündlichen Veränderungen. Schleimbeutel, Sehnen und Bänder werden stark gereizt. Der Organismus reagiert darauf mit Schwellungen und Kalkablagerungen (Abb. 5)

Abb. 5

Diese Verkalkungen (es handelt sich um echte Kalkbröckchen) liegen als Fremdkörper zwischen den vielen weichen Geweben der Schulter und führen bei der Bewegung des Armes zu neuen kleinen Verletzungen, die ihrerseits wieder entzündliche Reaktionen des Körpers auslösen – ein unguter Kreislauf.

Eine durch abgelaufene Entzündungen verdickte Muskelsehne Supraspinatussehne ist es auch, die nicht selten in den engen Raum unter dem Schulterdach eingeklemmt wird und zu einer sehr schmerzhaften Bewegungseinschränkung führen kann (Abb. 6) Die häufigste Ursache: Eine oft durch Kalkablagerungen verdickte Supraspinatussehne wird beim Anheben des Armes unter das Acromion und den darunter liegenden Schleimbeutel gezwängt - impinge = stoßen. Dieses sogenannte Impingement-Syndrom Schmerzbogen kann aber auch durch andere degenerative Veränderungen im Bereich des Schulterdaches Akromion verursacht werden.

Schmerzen beim Anheben des Armes werden als »Schmerzhafter Bogen« oder »Impingementsyndrom« beschrieben. Aber auch andere degenerative Veränderungen in diesem Bereich der Schulter können zu Schmerzen beim Armheben führen.

Abb. 6

Konsequenzen für die Yogapraxis

Was ist für die Yogapraxis wichtig zu wissen? Manche Menschen, die mit Schulterschmerzen in die Yogastunde kommen, haben bereits ärztlichen Rat und Hilfe gesucht. Dann ist es natürlich wichtig zu wissen, was von dieser Seite empfohlen wurde. Die wichtigste Frage der Yogalehrenden an die Betroffenen lautet dann:

Darf das Gelenk überhaupt bewegt werden? Auf jeden Fall müssen sich die Yogalehrenden immer auch selbst ein Bild von der aktuellen Situation machen. Wo die Komplexität des Schmerzgeschehens im Bereich der Schulter es Experten schon schwer macht, eindeutige Diagnosen zu stellen, wären YogalehrerInnen mit einem solchen diagnostischen Anspruch natürlich überfordert. Darum kann es also nicht gehen. Dennoch können in der Regel die Informationen erfragt werden, die eine klare und angemessene Orientierung in den weiteren Übungsvorschlägen ermöglichen.

Akut entzündet oder chronisch?

Vor allem eine grobe Unterscheidung ist wichtig und auch für den Laien weitgehend möglich: Ist das Schultergelenk gerade akut entzündet oder eher chronisch gereizt?

Bei einer akuten Entzündung besteht in der Regel ein Dauerschmerz. Oft berichten die Betroffenen auch, dass sich das Gelenk warm oder heiß anfühlt und dass schon die kleinste Bewegung weh tut und die Schmerzen dauerhaft verstärkt. Auch Berührungen werden manchmal nicht gut vertragen.

Es kann aber auch sein, dass das Gelenk chronisch gereizt ist – das ist dann dasselbe wie chronisch entzündet. Dann schmerzt es nicht immer, aber häufig nach alltäglichen Belastungen. Oft sind auch nur bestimmte Bewegungen schmerzhaft, z. B. den Arm auf den Rücken zu legen oder ihn über eine bestimmte Höhe, nur nach vorn oder nur zur Seite zu heben. Dazu fehlt das Wärmegefühl, mehr noch, die Betroffenen beschreiben eine Besserung des Schmerzes oder der Bewegung nach einer warmen Dusche oder einem Sonnenbad. Nicht selten fühlen und reagieren die Beschwerden ähnlich wie bei einer reinen Verspannung der Schultermuskulatur, die nichts mit einer Entzündung zu tun hat.

Wer Yoga unterrichtet, sollte daher versuchen, zwischen akuten und chronischen Reizzuständen zu unterscheiden. Dabei geht es um das, was die TeilnehmerInnen aktuell berichten, und nicht darum, wie sich die Schulter vielleicht letzte Woche noch angefühlt hat oder wie die Entwicklung hin zur jetzigen Situation verlaufen ist. Noch einmal in der Übersicht:

Akute Reizung
Ist das Gelenk akut entzündet, führt jede Bewegung leicht zu einer erneuten Reizung der betroffenen Anteile und verschlimmert häufig die Beschwerden sowie die Gesamtsituation. Die ohnehin geschwollenen Schleimhäute schwellen weiter an, der Entzündungsprozess verstärkt sich und die schmerzfreien Bewegungsfelder können weiter abnehmen. Ist das Schultergelenk stark entzündet, sollten ärztliche Maßnahmen ergriffen werden. Fast alle Bewegungen aus dem Yogarepertoire sind hier nicht hilfreich.

Chronische Reizung
Anders sieht es aus, wenn eine mäßige Reizung über einen längeren Zeitraum anhält. Man spricht dann von einer chronischen Entzündung. Menschen mit den oben angesprochenen Beschwerden treffen wir regelmäßig als TeilnehmerInnen in Yogagruppen an. Ihnen können und sollten wir als Lehrende Übungsvorschläge machen. Warum und wie?

Auf die große Bedeutung der Muskulatur für das Schultergelenk wurde bereits hingewiesen. Muskeln nehmen es übel, wenn sie nicht benutzt werden: Sie schrumpfen, verkürzen sich, verlieren an Funktionsfähigkeit, Kraft und Masse. Dabei werden aktive Muskelfasern durch Bindegewebe verdrängt, das aber nicht in der Lage ist, die Muskeln in ihrer Funktion zu ersetzen. Das gilt für die Muskulatur eines wochenlang im Gips ruhig gestellten Beins ebenso wie für ein Schultergelenk, das nicht ausreichend bewegt wird. Während der Muskelschwund in einem gebrochenen Bein dazu führt, dass uns dort die Kraft zum Laufen fehlt, und dies recht gut behoben werden kann, hat das gleiche Phänomen bei der Schulter fatalere Folgen.

Wenn sich Muskeln im Schultergelenk verkürzen, wenn sie schrumpfen und an Qualität verlieren, wird es eng im Gelenk: Die Falten der großen Gelenkkapsel verkleben, die Sehnen gleiten mangels Gelenkschmiere nicht mehr geschmeidig übereinander, der Zug auf das Gelenk selbst nimmt zu und es versteift allmählich – und das gar nicht so langsam.

Leider ist dieser Prozess – so schnell er sich auch entwickelt – nur sehr langwierig und schwer rückgängig zu machen. Aus dieser Erfahrung heraus hat die Medizin schon sehr früh davon Abstand genommen, z. B. ein Schultergelenk einzugipsen oder nach einer Operation lange ruhigzustellen. Dieses Beispiel zeigt, wie sehr eine gesunde Schulter auf Bewegung angewiesen ist. Bewegen, bewegen, bewegen ist daher eine wichtige Devise für das Schultergelenk.

Wie vorgehen?

YogalehrerInnen sollten sich nicht aufgefordert fühlen, einem/einer KursteilnehmerIn die Schmerzen im Schultergelenk mit Yogaübungen wegtrainieren zu wollen. Im Übrigen gibt es die Übungen gegen Schulterschmerzen auch gar nicht. Wer als TeilnehmerIn am Gruppenunterricht teilnimmt, erwartet in der Regel auch nur, dass er so gut angeleitet wird, dass er die meisten Übungen ohne Probleme mitmachen kann und nachher nicht mehr Schmerzen hat als vorher. Realistisch betrachtet kann im Gruppenunterricht auch nicht mehr geleistet werden. Aber damit die Teilnahme am Unterricht positiv erlebt werden kann, ist es wichtig, Informationen auszutauschen. Andernfalls wissen Unterrichtende nicht, worauf sie achten sollten.

Was vermeiden?

Bei akuter Reizung
Aus dem bisher Beschriebenen wird klar, dass bei einer akuten Entzündung mit allen Armbewegungen sehr sparsam umgegangen werden muss. Da die Reaktion auf zu viel Bewegung oft erst nach Stunden spürbar wird, ist man auf der sicheren Seite, wenn man die Armbewegungen auf ein Minimum reduziert und wenn möglich ganz darauf verzichtet.

Was Yoga mit seinen Übungen in einer solchen Situation bewirken kann, ist nicht wirklich absehbar. Mit etwas Fantasie lassen sich auch viele der Übungen, bei denen man sich spontan kaum vorstellen kann, wie sie ohne Armbewegung durchgeführt werden können, entsprechend variieren. Es versteht sich von selbst, dass alle Übungen, die das Gelenk belasten, bei einer akuten Reizung ungeeignet sind. Cakravākāsana gehört oft zu diesen Übungen.


Bei chronischer Reizung
Auch bei chronischen Beschwerden verschlimmert eine Belastung des Schultergelenks fast immer die Situation. Die folgenden Āsana (Abb.7) sind deshalb in der Regel kontraproduktiv.

Abb. 7

Nicht selten führt allein schon die Verengung des Schultergelenkinnenraums durch bestimmte Bewegungen in solchen Situationen zu einer Verschlechterung. Das Heben der Arme nach vorn hoch über den Kopf verengt z.B. jeweils den Raum zwischen Schulterdach und Oberarmkopf (Abb. 6). Deshalb ist es oft notwendig, für Übungen wie daṇḍāsana (Abb. 8), tādāsana und natürlich auch für das einfache Heben der Arme aus dem Stand (Abb. 9) Variationen für die Armhaltung zu finden, die auch bei Wiederholung keine Probleme bereiten.

Abb. 8

Abb. 9

Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass wir unsere Arme im Schultergelenk nach vorn oben heben, seitlich nach außen und oben bewegen, nach innen zur Körpermitte führen, nach hinten oben heben und nach innen und außen drehen können.

Bei vielen unserer alltäglichen Bewegungen kombinieren wir mehrere dieser Möglichkeiten, und zwar so schnell und leicht, dass wir es kaum bemerken.

Das Schließen eines Büstenhalters zum Beispiel verbindet die Drehung nach innen mit dem Heben der Arme nach hinten zu einer schnellen Bewegung; beim Föhnen der Haare kommen sogar drei oder vier Bewegungsachsen zusammen: das Heben nach vorn mit der Drehung nach innen und der Drehung nach außen im Wechsel. Einachsige Bewegungen kommen im Alltag dagegen nur kaum vor.

Passende Variantensuchen

Wird etwa bei der Anweisung, die Arme über vorn heben, über Schmerzen in der Schulter geklagt, so lässt sich oft doch die volle Bewegung ausführen, wenn bewusst eine zweite Bewegungsebene des Gelenks einbezogen wird. Etwa so, dass beim Anheben der Arme über vorn die noch nach unten zeigenden Handflächen gleichzeitig mit dem Anheben nach innen oder sogar nach oben gedreht werden, was einer Auswärtsdrehung im Schultergelenk entspricht. (Abb. 10)

Abb. 10

Ähnlich verhält es sich beim Heben der Arme über die Seite; bleiben die Handflächen dabei zum Boden gerichtet, tritt der Schmerz bei einem entzündeten Schultergelenk oft plötzlich ein; schlägt man vor, die Hände beim Heben mit den Handflächen nach vorn oder oben zu drehen, ist diese Bewegung manchmal schmerzfrei möglich.

Eine andere Möglichkeit, die schmerzhafte Bewegungseinschränkung zu umgehen, besteht darin, darauf zu bestehen, dass die Ellenbogengelenke bei jedem Heben und Senken der Arme leicht gebeugt werden. Wir können versuchen, herauszufinden, welcher Teil der Bewegung für die auftretenden Schmerzen verantwortlich ist. So kann es etwa sein, dass jemand die Arme nur sehr eingeschränkt bewegen kann, wenn sie nach vorn gehoben werden. Das Heben der Arme über die Seite kann jedoch viel einfacher sein, vielleicht sogar schmerzfrei. Oder umgekehrt ist die Bewegung nach vorn möglich, nicht aber zur Seite.

Da solche Besonderheiten kaum vorhersehbar sind, müssen sie durch Ausprobieren ermittelt werden. Dafür sollte auch im Gruppenunterricht genügend Zeit sein.

Nicht selten treten auch bei passiver Bewegung der Arme, wie bei der Vorbeuge aus cakravākāsana, Schmerzen in den Schultern auf, wenn die Bewegung zu einem starken Zug auf das Gelenk führt: Solche Beschwerden können durch kleine Übungsvarianten vermieden werden. Auch bei der Vorbeuge aus vajrāsana können beim Aufsetzen der Arme Schmerzen in den Schultern auftreten: Eine Variante, bei der die Ellenbogen stark gebeugt und die Hände nahe am Kopf abgelegt werden, kann auch hier oft Beschwerden vermeiden (Abb. 11).

Abb. 11

Die Bewegung der Arme aus der Rückenlage – Taḍākamudrā – mit gestreckten oder aufgestellten Beinen nach hinten kann in einem gewissen sinnvollen Rahmen durch ein festes Kissen unterlegt werden. Es ist aber auch sinnvoll, die Arme seitlich abzulegen; in dieser Position kann man sie sogar einige Zeit statisch ruhen lassen und so zur Verkürzung neigende Muskeln dehnen. Viele Armbewegungen im Sitzen oder Stehen, die die oben beschriebenen Grenzen einhalten, sind möglich und sollten auch geübt werden.

Bei allen Vorbeugen kann man die Arme durchaus auch neben dem Körperlassen. Wenn eine leichte Bewegung der Arme zur Seite möglich ist, kann damit der Ablauf aus der Ausgangsposition beginnen. (Abb. 12)

Abb. 12

Und ein vīrabhadrāsana bleibt ein vīrabhadrāsana, auch wenn die Hände von Anfang bis Ende auf dem Brustkorb ruhen. (Abb. 13)

Abb. 13

All dies dient dazu, den größtmöglichen Bewegungsumfang auszunutzen, der schmerzfrei erreicht werden kann. An dieser Stelle sei nochmals darauf hingewiesen, dass Schmerzen auch noch Stunden nach dem Üben auftreten können. Als Yogalehrende ist man also darauf angewiesen, mit den betroffenen TeilnehmerInnen in Kommunikation zu bleiben, konkret beim nächsten Treffen nachzufragen, ob die letzte Stunde gutgetan oder gar etwas verschlimmert hat. ▼

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