Diese Artikelreihe widmet sich ganz der Yogapraxis.
Egal, ob du mehr über Meditation oder Prāṇāyāma erfahren möchtest, fundierte Informationen zu einzelnen Āsana suchst oder dich für bestimmte Zielgruppen interessierst – hier wirst du fündig!
Äußere Veränderungen waren schon immer eine wichtige Voraussetzung für die Weiterentwicklung des Yogas.
Unter der Überschrift Tradition – Yoga im Wandel findest du daher nicht nur Artikel zu Hintergrund, Geschichte und wichtigen traditionellen Texten und Schriften, sondern auch Beiträge, die sich unter dem Stichwort TravellingYoga mit Veränderungen und notwendigen Anpassungen im Yoga auseinandersetzen.
Die mediale Diskussion um Gefahren und Nutzen von Āsanapraxis hat inzwischen viele interessierte Yogapraktizierende erreicht. Häufiger als früher stellen sie sich deshalb auch Fragen zu den möglichen Risiken bestimmter Āsanas und ihrer tatsächlichen Relevanz im Übungsalltag des Gruppenunterrichts.
Auf der Suche nach kompetenten Antworten hilft vor allem ein fundiertes Verständnis der beim Üben geforderten Körperstrukturen und ihrer Funktionen; und ebenso das Wissen um wichtige Störungen oder Krankheiten, von denen sie oft betroffen sind.
Der folgende Artikel widmet sich vor diesem Hintergrund dem Nacken – dem neben dem unteren Rücken für Fehlbelastungen sicher anfälligsten Körperbereich. Nackenprobleme zählen hierzulande zu den häufigsten Gründen für einen Arztbesuch. Entsprechend werden sich wohl in fast jeder normalen Yogagruppe Teilnehmerinnen mit mehr oder weniger gravierenden Nackenproblemen finden lassen. Gründe genug also, sich dem Nacken etwas ausführlicher zu widmen.
Dem Nacken Gutes tun
Die mediale Diskussion um Gefahren und Nutzen von Āsanapraxis hat inzwischen viele interessierte Yogapraktizierende erreicht. Häufiger als früher stellen sie sich deshalb auch Fragen zu den möglichen Risiken bestimmter Āsanas und ihrer tatsächlichen Relevanz im Übungsalltag des Gruppenunterrichts.
Auf der Suche nach kompetenten Antworten hilft vor allem ein fundiertes Verständnis der beim Üben geforderten Körperstrukturen und ihrer Funktionen; und ebenso das Wissen um wichtige Störungen oder Krankheiten, von denen sie oft betroffen sind.
Der folgende Artikel widmet sich vor diesem Hintergrund dem Nacken – dem neben dem unteren Rücken für Fehlbelastungen sicher anfälligsten Körperbereich. Nackenprobleme zählen hierzulande zu den häufigsten Gründen für einen Arztbesuch. Entsprechend werden sich wohl in fast jeder normalen Yogagruppe Teilnehmerinnen mit mehr oder weniger gravierenden Nackenproblemen finden lassen. Gründe genug also, sich dem Nacken etwas ausführlicher zu widmen.
Dem Nacken Gutes tun
Die mediale Diskussion um Gefahren und Nutzen von Āsanapraxis hat inzwischen viele interessierte Yogapraktizierende erreicht. Häufiger als früher stellen sie sich deshalb auch Fragen zu den möglichen Risiken bestimmter Āsanas und ihrer tatsächlichen Relevanz im Übungsalltag des Gruppenunterrichts.
Auf der Suche nach kompetenten Antworten hilft vor allem ein fundiertes Verständnis der beim Üben geforderten Körperstrukturen und ihrer Funktionen; und ebenso das Wissen um wichtige Störungen oder Krankheiten, von denen sie oft betroffen sind.
Der folgende Artikel widmet sich vor diesem Hintergrund dem Nacken – dem neben dem unteren Rücken für Fehlbelastungen sicher anfälligsten Körperbereich. Nackenprobleme zählen hierzulande zu den häufigsten Gründen für einen Arztbesuch. Entsprechend werden sich wohl in fast jeder normalen Yogagruppe Teilnehmerinnen mit mehr oder weniger gravierenden Nackenproblemen finden lassen. Gründe genug also, sich dem Nacken etwas ausführlicher zu widmen.
Weiterlesen mit Viveka-Mitgliedschaft
Tauche tiefer in die Vielfalt dieses einzigartigen Wissensschatzes ein und erfahre mehr über Yoga.
Teste Viveka 2 Tage kostenlos und unverbindlich
Inspiration und Anleitung fürs Üben, Lernen und Unterrichten
Erhalte unbegrenzten Zugang zu Artikeln aus 40 Jahren praktischer Yogaerfahrung
Erfahre mehr über Yoga im Kontext von Tradition, Wissenschaft, Gesundheit und Krankheitsbildern
Du bist bereits Mitglied? Dann melde dich hier an.
Wissenswertes über den Nacken
Beginnen wir mit der sicherlich den meisten wohl vertrauten Struktur des Nackens, der Halswirbelsäule (Abb. 1).
Die Halswirbelsäule – eine gelenkige Angelegenheit
Sie ist der flexibelste Abschnitt unserer Wirbelsäule und zugleich ihr sensibelster. Sieben feine, fast kreisrunde Knochenringe mit jeweils einem kleinen kompakten Anteil, dem eigentlichen Wirbelkörper, verbinden sich nach oben hin zur Schädelbasis und nach unten hin zur Brustwirbelsäule mit den ihr angehefteten Rippen.
Kein anderer Wirbelsäulenbereich ist so beweglich wie die Halswirbelsäule. Die spezielle Form der beiden obersten Halswirbel erlaubt gemeinsam mit dem besonderen Stand aller Gelenkflächen der Wirbelsäule zueinander eine sehr freie Beweglichkeit der einzelnen Wirbel gegeneinander. Nirgends sonst sind die Wirbel so frei gegeneinander beweglich wie in der Halswirbelsäule. Das erlaubt uns, den Kopf um 65 Grad nach vorn und 40 Grad nach hinten zu neigen. Zur Seite ermöglicht uns die Anatomie der Halswirbelsäule eine Neigung von 35 Grad, und zur Seite drehen kann sich der Kopf um etwa 50 Grad (Abb. 2). Was wir uns an dieser Stelle schon merken können:
Die Stärke des Halses liegt in allererster Linie in seiner großen Beweglichkeit.
Allerdings ist die Biomechanik dieser großen Bewegungsfähigkeit nicht auf einen Dauergebrauch ausgelegt. Ihr Sinn liegt vielmehr darin, im entscheidenden Augenblick für einen kurzen Moment den Kopf so bewegen zu können, dass wir z.B. ein Geräusch über uns als herabfallenden Dachziegel oder hinter uns als Autohupe erkennen. Dies zeigt sich am deutlichsten, wenn wir einen Blick auf die Struktur der Gelenke der Halswirbelsäule werfen. Dabei lässt sich auch klären, welche Bedeutung der biologisch gegebenen Struktur des Nackens für einen gesunden Umgang mit Āsanas hat.
Abb. 3 zeigt Röntgenbilder einer Halswirbelsäule in physiologischer Vor- und Rückbeuge. Neben dem Eindruck, wie filigran die Nackenwirbelsäule beschaffen ist, lässt sich deutlich erkennen (rechtes Bild), wie schon diese milde Rückbeuge zu einer Annäherung der Gelenkflächen führt. Das vermittelt einen kleinen Eindruck davon, was geschieht, wenn der Nacken extrem rückgebeugt und dabei auch noch unter Druck belastet wird, wie dies zum Beispiel bei matsyāsana, dem Fisch der Fall ist.
Zu sehen ist auch eine Veränderung der Wirbelkörper 5 und 6: Der Abstand zwischen beiden Wirbeln ist vermindert, ein Hinweis auf eine pathologische Verschmälerung der dort befindlichen Bandscheibe. Als Folge davon sind die beiden Wirbelkörper an ihrer vorderen Kante verändert. Aufgrund der schmaleren Bandscheibe hat sich der Druck auf die Wirbel erhöht. Die betroffenen Knochen reagieren darauf, indem sie sich langfristig durch Zuwachs an Knochensubstanz verstärken.
Das ist eine der so häufig in Röntgenbefunden genannten arthrotischen Veränderungen, hier genauer eine Spondylarthrose als Ausdruck einer chronischen Fehlbelastung. Allerdings lassen solche in Röntgenbildern diagnostizierten Befunde keinen Rückschluss darüber zu, ob damit auch wirklich Beschwerden einhergehen – mehr dazu im Kapitel Nackenschmerzen: Pathologie und Diagnosen.
Gelenke
Ausgenommen śavāsana, dem Liegen auf dem Rücken, ist die Praxis von fast jedem Āsana mit einer Bewegung des Nackens verbunden. Am häufigsten gefordert ist dabei die Vor- und Rückbeuge. Sozusagen Alltagsgeschäft ist für die Halswirbelsäule die Bewegung des Kopfes, wie dies in Vorbeugen geschieht: Aktives Senken – Kyphosierung – bei der Vorbeuge, bei der Aufrichtung in die Vertikale der Weg zurück in die Normalposition – physiologisch in der Regel eine Lordose.
In den Gelenken entfernen sich bei der Vorbeuge die Gelenkflächen voneinander. Bei der Bewegung zurück, verringert sich ihr Abstand. Den Gelenken tut das gut, ihre Durchblutung wird durch Bewegung gefördert, die Produktion von Gelenkschmieren wird angeregt. Hier stimmen die Allerweltsweisheiten tatsächlich: Bewegung tut gut und Wer rastet, der rostet.
Nicht ganz so einfach verhält es sich mit den Bewegungen nach hinten, der Rückbeuge. Hier kommt es zu einer Annäherung der Gelenkflächen zueinander. Bleibt dies in einem alltäglichen Ausmaß, ist dies als Teil des Wechselspiels von Vor- und Rückbeuge ebenfalls eine Aktivität, durch welche die Gesundheit der Gelenke gefördert wird. Eine differenzierte Betrachtung braucht es, wenn wir so ungewöhnliche Dinge tun, wie dies bei mancher Āsanapraxis die Regel ist. Hier stellt sich die Frage nach einem gesunden oder schädlichen Üben. Was geschieht, wenn der Nacken bei einer Āsanapraxis wie in Abb. 4 immer wieder und womöglich statisch in eine solch extreme Rückbeuge gebracht wird? Die Gelenkflächen der Halswirbel werden stark aufeinander gepresst. Auf Dauer führt dies zur Abnutzung der Knorpelmasse, die jede Gelenkfläche überzieht.
Eine daraus entstehende Reizung der Gelenkflächen beantwortet die umgebende Muskulatur mit einer vermehrten Spannung. Damit möchte der Körper die betroffenen Wirbelgelenke vor weiterer Fehlbelastung schützen. Was erst einmal eine sinnvolle Gegenwehr ist, wird bei längerer Dauer selbst zu einem Problem: Die aufgebaute Gegenspannung führt jetzt zu einer chronischen Dauerspannung, die schließlich die Gelenke noch mehr aufeinanderpresst.
Es sind solche komplexen Negativspiralen, die schließlich chronische Nackenverspannungen charakterisieren. Sie beginnen unbemerkt und manifestieren sich als deutlicher Schmerz erst, wenn die Kompensationsmöglichkeiten des Körpers nicht mehr greifen.
Deshalb sind Nackenschmerzen auch dann, wenn sie nach einer besonderen Belastung scheinbar ganz plötzlich auftreten, oft Ausdruck einer schon lange bestehenden und tiefgreifenden Dysbalance.
Entsprechend schwierig gestaltet sich dann bisweilen der Weg zurück zu einer harmonischen Nackenfunktion. Verbunden sind chronische Fehlbelastungen der Wirbelgelenke mit der Entstehung von Knochenanlagerungen, weil Knochen auf andauernden Druck immer mit Substanzverstärkung reagieren und somit dazu, was OrthopädInnen dann degenerative Gelenkveränderungen oder zu Deutsch Abnutzungserscheinungen nennen.
Ähnliches geschieht, wenn beim Drehen des Kopfes die Rotationsmöglichkeiten der Halswirbelsäule bis aufs Äußerste genutzt werden. So etwa, wenn für das Üben des Drehsitzes vorgeschlagen wird, den Kopf maximal mitzudrehen. Die Folge ist ein großer Druck auf die Gelenke; je häufiger und je länger dies gefordert wird, umso höher das Risiko, daran Schaden zu nehmen. Auch extreme Seitbeugen schädigen auf Dauer die Knorpelflächen der Gelenke. In der Āsanapraxis kommen sie jedoch kaum vor.
Der Kopf wiegt nicht viel, der Körper wohl
Eine Vorstellung: Du beugst deinen Kopf weit nach hinten und man würde auf die Stirn oder den Scheitel ein schweres Gewicht legen – keine sehr angenehme Vorstellung.
Ähnliches geschieht, wenn du etwa mit der dabei verlangten starken Rückbeuge – Hyperlordose – des Nackens den Fisch – matsyāsana (Abb. 5) übst oder selbst in einer normal nach hinten gebeugten Halswirbelsäulenposition – Lordose – den Kopfstand – śirṣāsana (Abb. 6). Die Last, die dabei auf die Halswirbelgelenke wirkt, presst diese unweigerlich noch weiter zusammen. Den Steigerungen solcher Belastungen sind in Varianten von matsyāsana und śirṣāsana leider keine Grenzen gesetzt.
Drehungen mit Last auf der Halswirbelsäule sind heute erfreulicherweise nur noch selten im Repertoire der Yogalehrenden. Zu T. Krishnamacharyas frühen Unterrichtszeiten führten seine jungen Schüler noch das sogenannte Mandala aus. Aus dem Kopfstand heraus werden dabei die Füße bei gestreckten Beinen zum Boden gebracht und beschreiben einen Kreis um den Kopf (Abb. 7), eine wahrhaft halsbrecherische Übung.
Bänder
Um zu klären, was bei Vorbeugen der Halswirbelsäule unter Last geschieht, sind noch weitere Informationen notwendig.
Für den menschlichen Körper gilt das Prinzip: Je zarter die Knochen und ihre Verbindungen, desto größer die Aufgabe der Bänder und Muskeln für die Bewegungsführung und Stabilität dieser Gelenke.
Wollen wir ein eigentlich reibungsloses Funktionieren aller Aktivitäten im Nackenbereich verstehen, müssen wir deshalb zunächst einen Blick auf die Bänder – und in Folge auf die muskulären Strukturen dieses Rückenteils werfen.
Bänder sind elastisch – das ist gut und schlecht
Viele Probleme, die durch ein Vorbeugen des Nackens unter Zug und Belastung auftreten, erklären sich aus einem Nachlassen der Elastizität der zahlreichen kleinen Bänder, die der Halswirbelsäule Stabilität geben (Abb. 8).
Noch einmal eine Vorstellung: Du sitzt auf einem Stuhl, neigst deinen Nacken so weit wie möglich nach vorn und auf dem Hinterkopf würde nun ein Eimer voll Wasser gestellt.
So bekommst du schon eine kleine Idee davon, was im Nackenbereich beim Üben von sarvāṇgāsana, dem Schulterstand (Abb. 9) und vor allem von halāsana, dem Pflug (Abb. 10) passiert. Dabei ist in beiden Āsanas die Last, unter welcher der Nacken gedehnt wird, deutlich größer als die im Gedankenexperiment.
Natürlich gibt es viele Möglichkeiten, die Belastung und Dehnung des Nackens in sarvāṇgāsana oder halāsana zu verringern, etwa durch das Unterlegen einer Decke unter die Schultern. An der Grundstruktur – Zuglast auf den Nacken mithilfe des Körpergewichts – ändert dies aber nichts.
Zu locker – Beispiel sarvāṇgāsana und halāsana
Sind sarvāṇgāsana oder halāsana regelmäßiger Bestandteil einer wöchentlichen Yogapraxis oder einer täglichen Übungsroutine, führen sie zu einer Verringerung der Elastizität der Bänder im Bereich der Halswirbelsäule, bei halāsana zudem der Lendenwirbelsäule. Was hat das zur Folge?
In der medizinischen Sprache benutzt man dafür den Begriff der Gefügelockerung. Das bedeutet, dass die Strukturen, die der Wirbelsäule normalerweise ihren Halt geben, ihre Funktion mehr oder weniger eingebüßt haben.
Betroffen sind davon vor allem die Bänder und die Muskulatur. Weil die überdehnten Bänder dies nicht mehr ausreichend leisten können, müssen jetzt die Muskeln eine größere Rolle bei der Stabilisierung übernehmen. Dabei sind sie oft überfordert – chronische Kontraktionen der Nackenmuskulatur sind die Folge, die zu Schmerzen und weiteren Beschwerden führen.
Das intensive und häufige Üben von sarvāṇgāsana und vor allem halāsana kann genau diese Gefügelockerung über die gesamte Halswirbelsäule hinweg bewirken. Der Teufelskreis, der nun entsteht, sieht so aus:
Der Instabilität der Halswirbelsäule entgegenwirkt eine reflektorische – und deshalb unbewusste – verstärkte Spannung der Nackenmuskulatur. Diese wiederum wird von den Betroffenen als Nackenverspannung wahrgenommen und begegnen ihr – kurzfristig erfolgreich – mit Dehnung. Und so weiter und so fort …
Der Einsicht in dieses Dilemma steht das immer gleiche Argument entgegen: Das Dehnen tut doch meinem Nacken so gut. Kurzfristig haben sie natürlich recht damit, die mittel- und langfristigen Auswirkungen ihres Übens sind ihnen aber leider meist nicht bewusst.
Nackenschmerzen: Pathologie und Diagnosen
Pathologie leitet sich von dem griechischen Wort pathos ab und bedeutet Leiden. Die Pathologie beschreibt die Lehre – logos – davon, wie das Entstehen eines Leidens erklärt werden kann und auf welche Faktoren es zurückzuführen ist.
Die Erkenntnisse der Pathologie spiegeln sich dann in der Diagnose eines Leidens wider. So können einige Brustschmerzen beispielsweise als Herzinfarkt identifiziert oder Hüftschmerzen mit einer Hüftgelenkarthrose in Verbindung gebracht werden. Ein Schnupfen kann als Virusinfekt gelten. Wenn die pathologischen Zusammenhänge nicht so eindeutig identifizierbar sind, wie man es sich wünschen würde, spricht man häufig von einem Syndrom.
Interessanterweise werden Beschwerden des Bewegungssystems oft mit diesem Etikett versehen. Es beschreibt jedoch oft nicht die Ursache eines Schmerzes, sondern nur den Ort.
Beispielsweise liest man als Diagnose oft Schulter-Arm-Syndrom oder chronisches lumbosakrales Syndrom.
Der Grund dafür ist schnell erklärt: Die Ursache und Entstehung von Schmerzen im Bewegungssystem lassen sich nicht so einfach erklären, wie es sich viele Menschen nach einem geschulten Blick auf das Röntgenbild ihrer Wirbelsäule oder Hüfte wünschen.
Die Pathologie solcher Schmerzen ist vielschichtig und nur selten auf eine Ursache zu reduzieren. So können stark abgenutzte Wirbelkörper auf einem Röntgenbild jemanden völlig beschwerdefrei durch den Tag gehen lassen, während massive Rückenschmerzen eine völlig unauffällige Wirbelsäule zeigen können.
Das erinnert wieder einmal daran, dass Probleme im Bewegungssystem nicht mit einem gestörten mechanischen Apparat zu tun haben, wie man es lange Zeit annahm.
Es ist vielmehr das Resultat eines Zusammenspiels vieler verschiedener Faktoren und Prozesse, das letztendlich einem Menschen Schmerzen bereitet. Das gilt auch für eine der häufigsten Diagnosen in der allgemeinmedizinischen und orthopädischen Praxis, nämlich das Halswirbelsäulensyndrom, kurz HWS-Syndrom.
Dabei ist dieser Begriff in besonderer Weise irreführend, da er suggeriert, dass die Ursachen der Beschwerden ausschließlich im Bereich der Halswirbelsäule zu suchen sind. In Wirklichkeit handelt es sich um einen schmerzhaften Zustand des Nackens insgesamt, und in den meisten Fällen manifestieren sich die Schmerzen in der Nackenmuskulatur als Ausdruck einer muskulären Dysbalance.
Allerdings entstehen diese muskulären Dysbalancen auch im Zusammenhang mit Abnutzungserscheinungen in den Gelenken oder Bandscheiben, mit Lockerungen durch Fehlbelastungen und anderem mehr. Außerdem ist selten nur der Nacken betroffen. Häufiger sind auch die Schultern und manchmal auch die Arme Teil eines komplexen Beschwerdebildes, das sich in unterschiedlicher Intensität in verschiedenen Kombinationen von Schmerzen, Empfindungsstörungen und eingeschränkter Bewegung äußert.
Aufgrund der Häufigkeit des HWS-Syndroms ist es nicht überraschend, dass sich Yogalehrende in fast jeder ihrer Gruppen mit diesem Thema auseinandersetzen müssen.
Menschen, die an Verspannungen und Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule leiden, kommen oft gerade deshalb in den Yogaunterricht, weil sie sich davon eine Linderung ihrer Beschwerden erhoffen. Sie beschreiben Schmerzen und Spannungen im Nacken-Schulterbereich, die gelegentlich auch im Kopf, Hals, Gesicht oder Arm ausstrahlen. Diese unterschiedlichen Beschwerden lassen sich verstehen, wenn wir die einzelnen Strukturen des Nackens und ihr Zusammenspiel kennen.
Muskeln
Von den Schulter-Nackenmuskeln wird vor allem eine rasche und sehr differenzierte Bewegung verlangt. Werden sie übermäßig als Haltemuskeln gefordert, so ermüden sie schnell und geraten in einen ungesunden Dauerspannungszustand. Muskelkontraktionen finden nun unter schlechten Stoffwechselbedingungen statt. Erfahren wird dieser Zustand als Schmerz und Verspannung.
Die verkürzte Nacken- und Schultermuskulatur presst die kleinen Halswirbelgelenke aufeinander, und begünstigt damit eine Schädigung der Knorpelschicht und der damit verbundenen Abnutzungserscheinungen der Gelenke. Gegen die Dauerkontraktion der Muskeln hilft Dehnung – aber leider immer nur kurzfristig.
Gesunde Muskeln, die nicht zu Verspannungen neigen, gedeihen statt dessen in einem Wechselspiel möglichst abwechslungsreicher Dehnung und Kontraktion.
Ganz anders eben die Wirkung von statischer Dehnung, wie sie im halāsana oder sarvāṇgāsana verlangt werden. Sie lösen keine Probleme, sondern schaffen sie.
Intensivste positive Wirkung auf Nackenverspannungen verspricht ein langsames und achtsames Senken und Heben des Kopfes in Verbindung mit dem Rhythmus des Atems.
Dadurch wird:
über das Vegetativum Anspannung und Entspannung unterstützt
die Bewegung besser koordiniert
die Wirbelsäule als Ganze mitbewegt
ein rein mechanisches Üben erschwert
Den Löwenanteil zur Funktion der Schulter/Nackenregion tragen die Muskeln bei (Abb. 11). Sie verbinden als Großer Rückenaufrichter nicht nur die einzelnen Wirbel auf vielfältige Weise untereinander und mit der gesamten Wirbelsäule, sondern machen die Bewegungen von Hals und Kopf hochdifferenziert steuerbar. Sie arbeiten zusammen mit den oberen Anteilen des großen Trapezmuskels und anderen Muskelgruppen, welche die Schulterblattbewegungen steuern.
Muskeln können immer zwei Dinge: den Körper (oder seine Teile) halten und diese bewegen:
Erwähnt wurde bereits die stabilisierende Funktion der Nackenmuskulatur für Kopf und Halswirbelsäule; die Aufgabe dieses Rückenabschnitts ist, größtmögliche Bewegung zu ermöglichen. Das erlaubt schnelle Orientierung durch feinste Bewegungen des Kopfes – wichtig nicht nur bei der Wahrnehmung durch Augen und Ohren, sondern auch für den Gleichgewichtssinn. Dafür sind die Muskeln im Rückenmark und Gehirn komplex verschaltet.
Am Zusammenhang der Nacken- mit der Augenmuskulatur kann das einfach nachvollzogen werden: Lege dazu deine Fingerspitzen leicht auf die Nackenmuskeln und führen mit den Augen kräftig drehende Bewegungen aus – der Nacken reagiert fühlbar mit ein Grund für die vielen Nackenverspannungen bei der Arbeit am PC. Das Lösen solcher Verspannungen verlangt dynamisches Üben.
Bewegung
Soll sich der Schulter-Nackenbereich unter einer Āsanapraxis positiv verändern, dann sollten zuallererst Āsanas, die diesen Bereich besonders fordern, nicht statisch geübt werden – mit Ausnahme des entspannenden śavāsana.
Vielmehr ist nur ein dynamisches Üben mit seinem Wechsel von Anspannung und Lösung in der Lage, die Stoffwechselsituation der Muskulatur zu verbessern und neuromuskuläre Dysbalancen zu reduzieren.
Weiterhin sind Übungen geeignet, die den Nacken unmittelbar und positiv ansprechen; solche sehr einfachen Übungen erweisen sich immer wieder als die effektivsten, allen voran das Heben und Senken des Kopfes (Abb. 12).
Auch Āsanas wie cakravākāsana (Abb. 13) oder uttānāsana oder ardhauttānāsana (Abb. 14 in einer Variante mit Hocker), in denen die Kopfbewegung ohnehin Teil der Praxis ist, eignen sich hervorragend zur Belebung und Entspannung des Nackens. Einem zur Verspannung neigenden Nacken ist in vielen Haltungen geholfen, wenn er durch Bewegung vor neuer Verspannung oder destabilisierender Dehnung bewahrt wird, zum Beispiel bei einer Praxis von vīrabhadrāsana (Abb. 15).
In den bisherigen Beispielen werden die Nackenmuskeln direkt angesprochen. Aufgrund der engen Verbindung der Nackenmuskulatur mit dem Schultergürtel lässt sich eine Nackenverspannung aber auch über eine Bewegung des Bereichs Schultern/oberer Rücken positiv beeinflussen. Dies gelingt durch einfache Armbewegungen, die in unterschiedlichen Āsanas und zahlreichen Variationen praktiziert werden können. Sehr wirksam erweisen sich dabei unter anderem Übungen aus der Rückenlage (Abb. 16 - 19).
Auch dynamische Bewegungen können natürlich zu Verspannungen führen: Wenn sie im Übermaß und vor allem monoton, also immer auf die gleiche Art und Weise ausgeführt werden. Denke nur an die Verkäuferinnen an den Kassen im Supermarkt.
Soll ein verspannter Nacken in der Āsanapraxis positiv erreicht werden, macht es deshalb Sinn, die Bewegungen der Schultern und Arme abwechslungsreich zu gestalten. Dafür ein Beispiel, vom Hocker aus geübt, das sich vielfach bewährt hat (Abb. 20). Ähnliche Bewegungen sind auch im Stand (Abb. 21) oder als Sitzposition vom Boden aus möglich.
In einer Variante von matsyendrāsana, dem Drehsitz (Abb. 22) werden gleichzeitig Nacken- und Schultermuskulatur aktiviert.
Bandscheiben und Nerven
Die Bandscheiben und Nerven, zwei weitere Strukturen des Nackens, sind häufig Teil des Nacken-Schulter-Armsyndroms.
Die Bandscheiben sind Knorpelkissen, die die Halswirbelkörper gegeneinander abpolstern (s. auch Abb. 1). Sie haben die Rolle von Stoßdämpfern und verhindern das zu enge Aufeinanderrücken der Wirbelgelenke, von denen weiter oben schon gesprochen wurde. Auch sie ziehen ihre gesunden Funktionen aus der Bewegung. Jede Bewegung des Nackens nach hinten, seitlich und in Richtung Drehung presst sie zusammen, das Vorbeugen schafft ihnen Raum.
Man weiß inzwischen sehr genau, wie der Stoffwechsel der Bandscheiben von diesen Bewegungen abhängt.
Was ihnen nicht guttut, ist Dauerdruck durch muskuläre Verspannungen und ein Zuviel an Druck, wie wir es für die Umkehrpositionen kennengelernt haben. Aus häufigem oder intensivem Üben von Āsanas wie śirṣāsana, sarvāṇgāsana, halāsana oder matsyāsana ergibt sich ohne Frage ein beachtliches Risiko für die Gesundheit der Bandscheiben. Mögliche Folgen der Schwächung ihrer Funktionen sind:
Durch den gestörten Stoffwechsel verliert die Bandscheibe ihre Elastizität und verschmälert sich. Dadurch erhöht sich der Druck auf die Wirbelgelenke, der Knochen reagiert mit vermehrtem Wachstum. Durch diese verschleißbedingte Höhenminderung werden die knöchernen Kanäle eingeengt, durch welche die Nerven des Rückenmarks den Markstrang verlassen und in die Schulter, das Gesicht und den Arm bis in die Hand hinunterziehen (Abb. 23).
Das Bandscheibengewebe wird brüchig und weicht dem Druck aus, es kommt zu einem Bandscheibenvorfall (Abb. 24).
Wenn dies geschehen ist, kann sich eine ganze Anzahl von Symptomen zeigen.
Meist ist es ein heftiger Schmerz an Ort und Stelle; Beschwerden können aber durchaus in einer größeren Entfernung zur Einklemmung auftreten: in den Fingern, der Schulter und im Arm der jeweiligen Seite, aber auch – je nach betroffenem Wirbel im Halsbereich und Gesicht.
Auch die Art der Symptome kann verschieden sein. Überwiegend jedoch werden Schmerzen wahrgenommen, Missempfindungen oder Überempfindlichkeiten der Haut und – im schlechtesten Fall – auch Lähmungen in Arm, Hand oder Fingern.
Solche Nervensymptome sind allerdings nicht immer Ausdruck eines Bandscheibenvorfalls. Sie können auch durch eine zu große Beweglichkeit einzelner Halswirbel bei der oben beschriebenen Gefügelockerung entstehen, wenn die Wirbel Kontakt zu den austretenden Rückenmarksnerven finden. Aber auch knöcherne Verengungen der Nervenaustrittsstellen führen zu solchen Symptomen.
Massive, tiefe Muskelverspannungen im Nacken-Schulterbereich gelten ebenfalls als häufige Ursache, wenn jemand von ziehenden Schmerzen in den Armen oder Empfindungsstörungen in den Fingern geplagt wird.
Eine Operation im Bereich der Halswirbelsäule gilt als risikoreich und wird nur in seltenen Fällen empfohlen. Stattdessen steht die konservative Therapie etwa mit Bewegungstherapie, Massage, Wärmebehandlungen und der medikamentösen Schmerztherapie im Mittelpunkt der ärztlichen Versuche, einen Bandscheibenvorfall zu behandeln.
Wer Menschen mit solchen Erkrankungen bei sich im Unterricht hat, sollte einigen einfachen Regeln folgen:
den Nacken in keiner Übung belasten
den Nacken nicht passiv dehnen – deshalb auch kein Üben von Dvipāda pīṭham, der Schulterbrücke
Ein Verständnis der Struktur und Funktion des Nackenschulterbereichs einerseits und der in den unterrichteten Āsanas gestellten Anforderungen andererseits hilft Yogalehrenden, eine für den Nacken gesunde Praxis zu vermitteln. Gute Kommunikation und Aufmerksamkeit von beiden Seiten, Lehrenden wie Übenden, hilft, mit diesen Besonderheiten gewinnbringend umzugehen.
▼
Das könnte dich auch interessieren:
Wissenswertes über den Nacken
Beginnen wir mit der sicherlich den meisten wohl vertrauten Struktur des Nackens, der Halswirbelsäule (Abb. 1).
Die Halswirbelsäule – eine gelenkige Angelegenheit
Sie ist der flexibelste Abschnitt unserer Wirbelsäule und zugleich ihr sensibelster. Sieben feine, fast kreisrunde Knochenringe mit jeweils einem kleinen kompakten Anteil, dem eigentlichen Wirbelkörper, verbinden sich nach oben hin zur Schädelbasis und nach unten hin zur Brustwirbelsäule mit den ihr angehefteten Rippen.
Kein anderer Wirbelsäulenbereich ist so beweglich wie die Halswirbelsäule. Die spezielle Form der beiden obersten Halswirbel erlaubt gemeinsam mit dem besonderen Stand aller Gelenkflächen der Wirbelsäule zueinander eine sehr freie Beweglichkeit der einzelnen Wirbel gegeneinander. Nirgends sonst sind die Wirbel so frei gegeneinander beweglich wie in der Halswirbelsäule. Das erlaubt uns, den Kopf um 65 Grad nach vorn und 40 Grad nach hinten zu neigen. Zur Seite ermöglicht uns die Anatomie der Halswirbelsäule eine Neigung von 35 Grad, und zur Seite drehen kann sich der Kopf um etwa 50 Grad (Abb. 2). Was wir uns an dieser Stelle schon merken können:
Die Stärke des Halses liegt in allererster Linie in seiner großen Beweglichkeit.
Allerdings ist die Biomechanik dieser großen Bewegungsfähigkeit nicht auf einen Dauergebrauch ausgelegt. Ihr Sinn liegt vielmehr darin, im entscheidenden Augenblick für einen kurzen Moment den Kopf so bewegen zu können, dass wir z.B. ein Geräusch über uns als herabfallenden Dachziegel oder hinter uns als Autohupe erkennen. Dies zeigt sich am deutlichsten, wenn wir einen Blick auf die Struktur der Gelenke der Halswirbelsäule werfen. Dabei lässt sich auch klären, welche Bedeutung der biologisch gegebenen Struktur des Nackens für einen gesunden Umgang mit Āsanas hat.
Abb. 3 zeigt Röntgenbilder einer Halswirbelsäule in physiologischer Vor- und Rückbeuge. Neben dem Eindruck, wie filigran die Nackenwirbelsäule beschaffen ist, lässt sich deutlich erkennen (rechtes Bild), wie schon diese milde Rückbeuge zu einer Annäherung der Gelenkflächen führt. Das vermittelt einen kleinen Eindruck davon, was geschieht, wenn der Nacken extrem rückgebeugt und dabei auch noch unter Druck belastet wird, wie dies zum Beispiel bei matsyāsana, dem Fisch der Fall ist.
Zu sehen ist auch eine Veränderung der Wirbelkörper 5 und 6: Der Abstand zwischen beiden Wirbeln ist vermindert, ein Hinweis auf eine pathologische Verschmälerung der dort befindlichen Bandscheibe. Als Folge davon sind die beiden Wirbelkörper an ihrer vorderen Kante verändert. Aufgrund der schmaleren Bandscheibe hat sich der Druck auf die Wirbel erhöht. Die betroffenen Knochen reagieren darauf, indem sie sich langfristig durch Zuwachs an Knochensubstanz verstärken.
Das ist eine der so häufig in Röntgenbefunden genannten arthrotischen Veränderungen, hier genauer eine Spondylarthrose als Ausdruck einer chronischen Fehlbelastung. Allerdings lassen solche in Röntgenbildern diagnostizierten Befunde keinen Rückschluss darüber zu, ob damit auch wirklich Beschwerden einhergehen – mehr dazu im Kapitel Nackenschmerzen: Pathologie und Diagnosen.
Gelenke
Ausgenommen śavāsana, dem Liegen auf dem Rücken, ist die Praxis von fast jedem Āsana mit einer Bewegung des Nackens verbunden. Am häufigsten gefordert ist dabei die Vor- und Rückbeuge. Sozusagen Alltagsgeschäft ist für die Halswirbelsäule die Bewegung des Kopfes, wie dies in Vorbeugen geschieht: Aktives Senken – Kyphosierung – bei der Vorbeuge, bei der Aufrichtung in die Vertikale der Weg zurück in die Normalposition – physiologisch in der Regel eine Lordose.
In den Gelenken entfernen sich bei der Vorbeuge die Gelenkflächen voneinander. Bei der Bewegung zurück, verringert sich ihr Abstand. Den Gelenken tut das gut, ihre Durchblutung wird durch Bewegung gefördert, die Produktion von Gelenkschmieren wird angeregt. Hier stimmen die Allerweltsweisheiten tatsächlich: Bewegung tut gut und Wer rastet, der rostet.
Nicht ganz so einfach verhält es sich mit den Bewegungen nach hinten, der Rückbeuge. Hier kommt es zu einer Annäherung der Gelenkflächen zueinander. Bleibt dies in einem alltäglichen Ausmaß, ist dies als Teil des Wechselspiels von Vor- und Rückbeuge ebenfalls eine Aktivität, durch welche die Gesundheit der Gelenke gefördert wird. Eine differenzierte Betrachtung braucht es, wenn wir so ungewöhnliche Dinge tun, wie dies bei mancher Āsanapraxis die Regel ist. Hier stellt sich die Frage nach einem gesunden oder schädlichen Üben. Was geschieht, wenn der Nacken bei einer Āsanapraxis wie in Abb. 4 immer wieder und womöglich statisch in eine solch extreme Rückbeuge gebracht wird? Die Gelenkflächen der Halswirbel werden stark aufeinander gepresst. Auf Dauer führt dies zur Abnutzung der Knorpelmasse, die jede Gelenkfläche überzieht.
Eine daraus entstehende Reizung der Gelenkflächen beantwortet die umgebende Muskulatur mit einer vermehrten Spannung. Damit möchte der Körper die betroffenen Wirbelgelenke vor weiterer Fehlbelastung schützen. Was erst einmal eine sinnvolle Gegenwehr ist, wird bei längerer Dauer selbst zu einem Problem: Die aufgebaute Gegenspannung führt jetzt zu einer chronischen Dauerspannung, die schließlich die Gelenke noch mehr aufeinanderpresst.
Es sind solche komplexen Negativspiralen, die schließlich chronische Nackenverspannungen charakterisieren. Sie beginnen unbemerkt und manifestieren sich als deutlicher Schmerz erst, wenn die Kompensationsmöglichkeiten des Körpers nicht mehr greifen.
Deshalb sind Nackenschmerzen auch dann, wenn sie nach einer besonderen Belastung scheinbar ganz plötzlich auftreten, oft Ausdruck einer schon lange bestehenden und tiefgreifenden Dysbalance.
Entsprechend schwierig gestaltet sich dann bisweilen der Weg zurück zu einer harmonischen Nackenfunktion. Verbunden sind chronische Fehlbelastungen der Wirbelgelenke mit der Entstehung von Knochenanlagerungen, weil Knochen auf andauernden Druck immer mit Substanzverstärkung reagieren und somit dazu, was OrthopädInnen dann degenerative Gelenkveränderungen oder zu Deutsch Abnutzungserscheinungen nennen.
Ähnliches geschieht, wenn beim Drehen des Kopfes die Rotationsmöglichkeiten der Halswirbelsäule bis aufs Äußerste genutzt werden. So etwa, wenn für das Üben des Drehsitzes vorgeschlagen wird, den Kopf maximal mitzudrehen. Die Folge ist ein großer Druck auf die Gelenke; je häufiger und je länger dies gefordert wird, umso höher das Risiko, daran Schaden zu nehmen. Auch extreme Seitbeugen schädigen auf Dauer die Knorpelflächen der Gelenke. In der Āsanapraxis kommen sie jedoch kaum vor.
Der Kopf wiegt nicht viel, der Körper wohl
Eine Vorstellung: Du beugst deinen Kopf weit nach hinten und man würde auf die Stirn oder den Scheitel ein schweres Gewicht legen – keine sehr angenehme Vorstellung.
Ähnliches geschieht, wenn du etwa mit der dabei verlangten starken Rückbeuge – Hyperlordose – des Nackens den Fisch – matsyāsana (Abb. 5) übst oder selbst in einer normal nach hinten gebeugten Halswirbelsäulenposition – Lordose – den Kopfstand – śirṣāsana (Abb. 6). Die Last, die dabei auf die Halswirbelgelenke wirkt, presst diese unweigerlich noch weiter zusammen. Den Steigerungen solcher Belastungen sind in Varianten von matsyāsana und śirṣāsana leider keine Grenzen gesetzt.
Drehungen mit Last auf der Halswirbelsäule sind heute erfreulicherweise nur noch selten im Repertoire der Yogalehrenden. Zu T. Krishnamacharyas frühen Unterrichtszeiten führten seine jungen Schüler noch das sogenannte Mandala aus. Aus dem Kopfstand heraus werden dabei die Füße bei gestreckten Beinen zum Boden gebracht und beschreiben einen Kreis um den Kopf (Abb. 7), eine wahrhaft halsbrecherische Übung.
Bänder
Um zu klären, was bei Vorbeugen der Halswirbelsäule unter Last geschieht, sind noch weitere Informationen notwendig.
Für den menschlichen Körper gilt das Prinzip: Je zarter die Knochen und ihre Verbindungen, desto größer die Aufgabe der Bänder und Muskeln für die Bewegungsführung und Stabilität dieser Gelenke.
Wollen wir ein eigentlich reibungsloses Funktionieren aller Aktivitäten im Nackenbereich verstehen, müssen wir deshalb zunächst einen Blick auf die Bänder – und in Folge auf die muskulären Strukturen dieses Rückenteils werfen.
Bänder sind elastisch – das ist gut und schlecht
Viele Probleme, die durch ein Vorbeugen des Nackens unter Zug und Belastung auftreten, erklären sich aus einem Nachlassen der Elastizität der zahlreichen kleinen Bänder, die der Halswirbelsäule Stabilität geben (Abb. 8).
Noch einmal eine Vorstellung: Du sitzt auf einem Stuhl, neigst deinen Nacken so weit wie möglich nach vorn und auf dem Hinterkopf würde nun ein Eimer voll Wasser gestellt.
So bekommst du schon eine kleine Idee davon, was im Nackenbereich beim Üben von sarvāṇgāsana, dem Schulterstand (Abb. 9) und vor allem von halāsana, dem Pflug (Abb. 10) passiert. Dabei ist in beiden Āsanas die Last, unter welcher der Nacken gedehnt wird, deutlich größer als die im Gedankenexperiment.
Natürlich gibt es viele Möglichkeiten, die Belastung und Dehnung des Nackens in sarvāṇgāsana oder halāsana zu verringern, etwa durch das Unterlegen einer Decke unter die Schultern. An der Grundstruktur – Zuglast auf den Nacken mithilfe des Körpergewichts – ändert dies aber nichts.
Zu locker – Beispiel sarvāṇgāsana und halāsana
Sind sarvāṇgāsana oder halāsana regelmäßiger Bestandteil einer wöchentlichen Yogapraxis oder einer täglichen Übungsroutine, führen sie zu einer Verringerung der Elastizität der Bänder im Bereich der Halswirbelsäule, bei halāsana zudem der Lendenwirbelsäule. Was hat das zur Folge?
In der medizinischen Sprache benutzt man dafür den Begriff der Gefügelockerung. Das bedeutet, dass die Strukturen, die der Wirbelsäule normalerweise ihren Halt geben, ihre Funktion mehr oder weniger eingebüßt haben.
Betroffen sind davon vor allem die Bänder und die Muskulatur. Weil die überdehnten Bänder dies nicht mehr ausreichend leisten können, müssen jetzt die Muskeln eine größere Rolle bei der Stabilisierung übernehmen. Dabei sind sie oft überfordert – chronische Kontraktionen der Nackenmuskulatur sind die Folge, die zu Schmerzen und weiteren Beschwerden führen.
Das intensive und häufige Üben von sarvāṇgāsana und vor allem halāsana kann genau diese Gefügelockerung über die gesamte Halswirbelsäule hinweg bewirken. Der Teufelskreis, der nun entsteht, sieht so aus:
Der Instabilität der Halswirbelsäule entgegenwirkt eine reflektorische – und deshalb unbewusste – verstärkte Spannung der Nackenmuskulatur. Diese wiederum wird von den Betroffenen als Nackenverspannung wahrgenommen und begegnen ihr – kurzfristig erfolgreich – mit Dehnung. Und so weiter und so fort …
Der Einsicht in dieses Dilemma steht das immer gleiche Argument entgegen: Das Dehnen tut doch meinem Nacken so gut. Kurzfristig haben sie natürlich recht damit, die mittel- und langfristigen Auswirkungen ihres Übens sind ihnen aber leider meist nicht bewusst.
Nackenschmerzen: Pathologie und Diagnosen
Pathologie leitet sich von dem griechischen Wort pathos ab und bedeutet Leiden. Die Pathologie beschreibt die Lehre – logos – davon, wie das Entstehen eines Leidens erklärt werden kann und auf welche Faktoren es zurückzuführen ist.
Die Erkenntnisse der Pathologie spiegeln sich dann in der Diagnose eines Leidens wider. So können einige Brustschmerzen beispielsweise als Herzinfarkt identifiziert oder Hüftschmerzen mit einer Hüftgelenkarthrose in Verbindung gebracht werden. Ein Schnupfen kann als Virusinfekt gelten. Wenn die pathologischen Zusammenhänge nicht so eindeutig identifizierbar sind, wie man es sich wünschen würde, spricht man häufig von einem Syndrom.
Interessanterweise werden Beschwerden des Bewegungssystems oft mit diesem Etikett versehen. Es beschreibt jedoch oft nicht die Ursache eines Schmerzes, sondern nur den Ort.
Beispielsweise liest man als Diagnose oft Schulter-Arm-Syndrom oder chronisches lumbosakrales Syndrom.
Der Grund dafür ist schnell erklärt: Die Ursache und Entstehung von Schmerzen im Bewegungssystem lassen sich nicht so einfach erklären, wie es sich viele Menschen nach einem geschulten Blick auf das Röntgenbild ihrer Wirbelsäule oder Hüfte wünschen.
Die Pathologie solcher Schmerzen ist vielschichtig und nur selten auf eine Ursache zu reduzieren. So können stark abgenutzte Wirbelkörper auf einem Röntgenbild jemanden völlig beschwerdefrei durch den Tag gehen lassen, während massive Rückenschmerzen eine völlig unauffällige Wirbelsäule zeigen können.
Das erinnert wieder einmal daran, dass Probleme im Bewegungssystem nicht mit einem gestörten mechanischen Apparat zu tun haben, wie man es lange Zeit annahm.
Es ist vielmehr das Resultat eines Zusammenspiels vieler verschiedener Faktoren und Prozesse, das letztendlich einem Menschen Schmerzen bereitet. Das gilt auch für eine der häufigsten Diagnosen in der allgemeinmedizinischen und orthopädischen Praxis, nämlich das Halswirbelsäulensyndrom, kurz HWS-Syndrom.
Dabei ist dieser Begriff in besonderer Weise irreführend, da er suggeriert, dass die Ursachen der Beschwerden ausschließlich im Bereich der Halswirbelsäule zu suchen sind. In Wirklichkeit handelt es sich um einen schmerzhaften Zustand des Nackens insgesamt, und in den meisten Fällen manifestieren sich die Schmerzen in der Nackenmuskulatur als Ausdruck einer muskulären Dysbalance.
Allerdings entstehen diese muskulären Dysbalancen auch im Zusammenhang mit Abnutzungserscheinungen in den Gelenken oder Bandscheiben, mit Lockerungen durch Fehlbelastungen und anderem mehr. Außerdem ist selten nur der Nacken betroffen. Häufiger sind auch die Schultern und manchmal auch die Arme Teil eines komplexen Beschwerdebildes, das sich in unterschiedlicher Intensität in verschiedenen Kombinationen von Schmerzen, Empfindungsstörungen und eingeschränkter Bewegung äußert.
Aufgrund der Häufigkeit des HWS-Syndroms ist es nicht überraschend, dass sich Yogalehrende in fast jeder ihrer Gruppen mit diesem Thema auseinandersetzen müssen.
Menschen, die an Verspannungen und Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule leiden, kommen oft gerade deshalb in den Yogaunterricht, weil sie sich davon eine Linderung ihrer Beschwerden erhoffen. Sie beschreiben Schmerzen und Spannungen im Nacken-Schulterbereich, die gelegentlich auch im Kopf, Hals, Gesicht oder Arm ausstrahlen. Diese unterschiedlichen Beschwerden lassen sich verstehen, wenn wir die einzelnen Strukturen des Nackens und ihr Zusammenspiel kennen.
Muskeln
Von den Schulter-Nackenmuskeln wird vor allem eine rasche und sehr differenzierte Bewegung verlangt. Werden sie übermäßig als Haltemuskeln gefordert, so ermüden sie schnell und geraten in einen ungesunden Dauerspannungszustand. Muskelkontraktionen finden nun unter schlechten Stoffwechselbedingungen statt. Erfahren wird dieser Zustand als Schmerz und Verspannung.
Die verkürzte Nacken- und Schultermuskulatur presst die kleinen Halswirbelgelenke aufeinander, und begünstigt damit eine Schädigung der Knorpelschicht und der damit verbundenen Abnutzungserscheinungen der Gelenke. Gegen die Dauerkontraktion der Muskeln hilft Dehnung – aber leider immer nur kurzfristig.
Gesunde Muskeln, die nicht zu Verspannungen neigen, gedeihen statt dessen in einem Wechselspiel möglichst abwechslungsreicher Dehnung und Kontraktion.
Ganz anders eben die Wirkung von statischer Dehnung, wie sie im halāsana oder sarvāṇgāsana verlangt werden. Sie lösen keine Probleme, sondern schaffen sie.
Intensivste positive Wirkung auf Nackenverspannungen verspricht ein langsames und achtsames Senken und Heben des Kopfes in Verbindung mit dem Rhythmus des Atems.
Dadurch wird:
über das Vegetativum Anspannung und Entspannung unterstützt
die Bewegung besser koordiniert
die Wirbelsäule als Ganze mitbewegt
ein rein mechanisches Üben erschwert
Den Löwenanteil zur Funktion der Schulter/Nackenregion tragen die Muskeln bei (Abb. 11). Sie verbinden als Großer Rückenaufrichter nicht nur die einzelnen Wirbel auf vielfältige Weise untereinander und mit der gesamten Wirbelsäule, sondern machen die Bewegungen von Hals und Kopf hochdifferenziert steuerbar. Sie arbeiten zusammen mit den oberen Anteilen des großen Trapezmuskels und anderen Muskelgruppen, welche die Schulterblattbewegungen steuern.
Muskeln können immer zwei Dinge: den Körper (oder seine Teile) halten und diese bewegen:
Erwähnt wurde bereits die stabilisierende Funktion der Nackenmuskulatur für Kopf und Halswirbelsäule; die Aufgabe dieses Rückenabschnitts ist, größtmögliche Bewegung zu ermöglichen. Das erlaubt schnelle Orientierung durch feinste Bewegungen des Kopfes – wichtig nicht nur bei der Wahrnehmung durch Augen und Ohren, sondern auch für den Gleichgewichtssinn. Dafür sind die Muskeln im Rückenmark und Gehirn komplex verschaltet.
Am Zusammenhang der Nacken- mit der Augenmuskulatur kann das einfach nachvollzogen werden: Lege dazu deine Fingerspitzen leicht auf die Nackenmuskeln und führen mit den Augen kräftig drehende Bewegungen aus – der Nacken reagiert fühlbar mit ein Grund für die vielen Nackenverspannungen bei der Arbeit am PC. Das Lösen solcher Verspannungen verlangt dynamisches Üben.
Bewegung
Soll sich der Schulter-Nackenbereich unter einer Āsanapraxis positiv verändern, dann sollten zuallererst Āsanas, die diesen Bereich besonders fordern, nicht statisch geübt werden – mit Ausnahme des entspannenden śavāsana.
Vielmehr ist nur ein dynamisches Üben mit seinem Wechsel von Anspannung und Lösung in der Lage, die Stoffwechselsituation der Muskulatur zu verbessern und neuromuskuläre Dysbalancen zu reduzieren.
Weiterhin sind Übungen geeignet, die den Nacken unmittelbar und positiv ansprechen; solche sehr einfachen Übungen erweisen sich immer wieder als die effektivsten, allen voran das Heben und Senken des Kopfes (Abb. 12).
Auch Āsanas wie cakravākāsana (Abb. 13) oder uttānāsana oder ardhauttānāsana (Abb. 14 in einer Variante mit Hocker), in denen die Kopfbewegung ohnehin Teil der Praxis ist, eignen sich hervorragend zur Belebung und Entspannung des Nackens. Einem zur Verspannung neigenden Nacken ist in vielen Haltungen geholfen, wenn er durch Bewegung vor neuer Verspannung oder destabilisierender Dehnung bewahrt wird, zum Beispiel bei einer Praxis von vīrabhadrāsana (Abb. 15).
In den bisherigen Beispielen werden die Nackenmuskeln direkt angesprochen. Aufgrund der engen Verbindung der Nackenmuskulatur mit dem Schultergürtel lässt sich eine Nackenverspannung aber auch über eine Bewegung des Bereichs Schultern/oberer Rücken positiv beeinflussen. Dies gelingt durch einfache Armbewegungen, die in unterschiedlichen Āsanas und zahlreichen Variationen praktiziert werden können. Sehr wirksam erweisen sich dabei unter anderem Übungen aus der Rückenlage (Abb. 16 - 19).
Auch dynamische Bewegungen können natürlich zu Verspannungen führen: Wenn sie im Übermaß und vor allem monoton, also immer auf die gleiche Art und Weise ausgeführt werden. Denke nur an die Verkäuferinnen an den Kassen im Supermarkt.
Soll ein verspannter Nacken in der Āsanapraxis positiv erreicht werden, macht es deshalb Sinn, die Bewegungen der Schultern und Arme abwechslungsreich zu gestalten. Dafür ein Beispiel, vom Hocker aus geübt, das sich vielfach bewährt hat (Abb. 20). Ähnliche Bewegungen sind auch im Stand (Abb. 21) oder als Sitzposition vom Boden aus möglich.
In einer Variante von matsyendrāsana, dem Drehsitz (Abb. 22) werden gleichzeitig Nacken- und Schultermuskulatur aktiviert.
Bandscheiben und Nerven
Die Bandscheiben und Nerven, zwei weitere Strukturen des Nackens, sind häufig Teil des Nacken-Schulter-Armsyndroms.
Die Bandscheiben sind Knorpelkissen, die die Halswirbelkörper gegeneinander abpolstern (s. auch Abb. 1). Sie haben die Rolle von Stoßdämpfern und verhindern das zu enge Aufeinanderrücken der Wirbelgelenke, von denen weiter oben schon gesprochen wurde. Auch sie ziehen ihre gesunden Funktionen aus der Bewegung. Jede Bewegung des Nackens nach hinten, seitlich und in Richtung Drehung presst sie zusammen, das Vorbeugen schafft ihnen Raum.
Man weiß inzwischen sehr genau, wie der Stoffwechsel der Bandscheiben von diesen Bewegungen abhängt.
Was ihnen nicht guttut, ist Dauerdruck durch muskuläre Verspannungen und ein Zuviel an Druck, wie wir es für die Umkehrpositionen kennengelernt haben. Aus häufigem oder intensivem Üben von Āsanas wie śirṣāsana, sarvāṇgāsana, halāsana oder matsyāsana ergibt sich ohne Frage ein beachtliches Risiko für die Gesundheit der Bandscheiben. Mögliche Folgen der Schwächung ihrer Funktionen sind:
Durch den gestörten Stoffwechsel verliert die Bandscheibe ihre Elastizität und verschmälert sich. Dadurch erhöht sich der Druck auf die Wirbelgelenke, der Knochen reagiert mit vermehrtem Wachstum. Durch diese verschleißbedingte Höhenminderung werden die knöchernen Kanäle eingeengt, durch welche die Nerven des Rückenmarks den Markstrang verlassen und in die Schulter, das Gesicht und den Arm bis in die Hand hinunterziehen (Abb. 23).
Das Bandscheibengewebe wird brüchig und weicht dem Druck aus, es kommt zu einem Bandscheibenvorfall (Abb. 24).
Wenn dies geschehen ist, kann sich eine ganze Anzahl von Symptomen zeigen.
Meist ist es ein heftiger Schmerz an Ort und Stelle; Beschwerden können aber durchaus in einer größeren Entfernung zur Einklemmung auftreten: in den Fingern, der Schulter und im Arm der jeweiligen Seite, aber auch – je nach betroffenem Wirbel im Halsbereich und Gesicht.
Auch die Art der Symptome kann verschieden sein. Überwiegend jedoch werden Schmerzen wahrgenommen, Missempfindungen oder Überempfindlichkeiten der Haut und – im schlechtesten Fall – auch Lähmungen in Arm, Hand oder Fingern.
Solche Nervensymptome sind allerdings nicht immer Ausdruck eines Bandscheibenvorfalls. Sie können auch durch eine zu große Beweglichkeit einzelner Halswirbel bei der oben beschriebenen Gefügelockerung entstehen, wenn die Wirbel Kontakt zu den austretenden Rückenmarksnerven finden. Aber auch knöcherne Verengungen der Nervenaustrittsstellen führen zu solchen Symptomen.
Massive, tiefe Muskelverspannungen im Nacken-Schulterbereich gelten ebenfalls als häufige Ursache, wenn jemand von ziehenden Schmerzen in den Armen oder Empfindungsstörungen in den Fingern geplagt wird.
Eine Operation im Bereich der Halswirbelsäule gilt als risikoreich und wird nur in seltenen Fällen empfohlen. Stattdessen steht die konservative Therapie etwa mit Bewegungstherapie, Massage, Wärmebehandlungen und der medikamentösen Schmerztherapie im Mittelpunkt der ärztlichen Versuche, einen Bandscheibenvorfall zu behandeln.
Wer Menschen mit solchen Erkrankungen bei sich im Unterricht hat, sollte einigen einfachen Regeln folgen:
den Nacken in keiner Übung belasten
den Nacken nicht passiv dehnen – deshalb auch kein Üben von Dvipāda pīṭham, der Schulterbrücke
Ein Verständnis der Struktur und Funktion des Nackenschulterbereichs einerseits und der in den unterrichteten Āsanas gestellten Anforderungen andererseits hilft Yogalehrenden, eine für den Nacken gesunde Praxis zu vermitteln. Gute Kommunikation und Aufmerksamkeit von beiden Seiten, Lehrenden wie Übenden, hilft, mit diesen Besonderheiten gewinnbringend umzugehen.
▼
Das könnte dich auch interessieren:
Weitere artikel aus der Themensammlung: yoga & gesundheit