Die Korrektur von vīrabhadrāsana

Menschen wollen es beim Üben richtig machen. Würde sich ein richtiges Üben wie von selbst einstellen, bräuchte es dafür keine Anleitung. Immer wieder stellen sich konkrete Fragen nach dem Wie einer Praxis. Sei es für Yogalehrende aus der Beobachtung ihrer Teilnehmer:innen oder deren Nachfragen, sei es für selbstständig Übende aus zunehmender Praxiserfahrung und entsprechend größerer Achtsamkeit beim Üben. Was fordert den Körper an der richtigen Stelle in angemessener Weise? Wie können unnötige oder gar schädliche Belastungen erkannt und vermieden werden? Was tun, wenn sich eine Übung einfach »nicht richtig« anfühlt und nach Veränderung verlangt?

Korrekturen dienen dazu, eine Übung an die spezifischen Voraussetzungen einer Person anzupassen. Sie helfen, die positiven Wirkungen eines Āsana zu erreichen oder zu verstärken.

Dadurch eröffnen sich neue Erfahrungsräume – und gleichzeitig werden Fehlbelastungen vermieden. Wann ist eine Korrektur sinnvoll, wann notwendig und wann sogar dringend erforderlich?

Die Korrektur von vīrabhadrāsana

Menschen wollen es beim Üben richtig machen. Würde sich ein richtiges Üben wie von selbst einstellen, bräuchte es dafür keine Anleitung. Immer wieder stellen sich konkrete Fragen nach dem Wie einer Praxis. Sei es für Yogalehrende aus der Beobachtung ihrer Teilnehmer:innen oder deren Nachfragen, sei es für selbstständig Übende aus zunehmender Praxiserfahrung und entsprechend größerer Achtsamkeit beim Üben. Was fordert den Körper an der richtigen Stelle in angemessener Weise? Wie können unnötige oder gar schädliche Belastungen erkannt und vermieden werden? Was tun, wenn sich eine Übung einfach »nicht richtig« anfühlt und nach Veränderung verlangt?

Korrekturen dienen dazu, eine Übung an die spezifischen Voraussetzungen einer Person anzupassen. Sie helfen, die positiven Wirkungen eines Āsana zu erreichen oder zu verstärken.

Dadurch eröffnen sich neue Erfahrungsräume – und gleichzeitig werden Fehlbelastungen vermieden. Wann ist eine Korrektur sinnvoll, wann notwendig und wann sogar dringend erforderlich?

Die Korrektur von vīrabhadrāsana

Menschen wollen es beim Üben richtig machen. Würde sich ein richtiges Üben wie von selbst einstellen, bräuchte es dafür keine Anleitung. Immer wieder stellen sich konkrete Fragen nach dem Wie einer Praxis. Sei es für Yogalehrende aus der Beobachtung ihrer Teilnehmer:innen oder deren Nachfragen, sei es für selbstständig Übende aus zunehmender Praxiserfahrung und entsprechend größerer Achtsamkeit beim Üben. Was fordert den Körper an der richtigen Stelle in angemessener Weise? Wie können unnötige oder gar schädliche Belastungen erkannt und vermieden werden? Was tun, wenn sich eine Übung einfach »nicht richtig« anfühlt und nach Veränderung verlangt?

Korrekturen dienen dazu, eine Übung an die spezifischen Voraussetzungen einer Person anzupassen. Sie helfen, die positiven Wirkungen eines Āsana zu erreichen oder zu verstärken.

Dadurch eröffnen sich neue Erfahrungsräume – und gleichzeitig werden Fehlbelastungen vermieden. Wann ist eine Korrektur sinnvoll, wann notwendig und wann sogar dringend erforderlich?

Einleitung

Im Mittelpunkt der Praxis von vīrabhadrāsana steht eine intensive Rückbeuge, in der sich der Brustkorb mit der Spreizung der Rippen frei weiten kann – sehr viel leichter als beispielsweise in bhujaṅgāsana, der Kobra.

Mehr Raum für den einströmenden Einatem macht das Āsana zu einer Übung, die den Einatem stark unterstützt und betont. Dabei muss eine große Spannung des gesamten Körpers mit Beweglichkeit und Koordination ins Gleichgewicht gesetzt werden. Auch wenn die Öffnung des Brustkorbs das Wesen dieser Übung ausmacht, stellt vīrabhadrāsana deshalb zusätzlich noch eine ganze Reihe weiterer besonderer Anforderungen. Das macht die Übung für viele Praktizierende anspruchsvoll und gleichzeitig für den Unterricht oder die eigene Praxis so attraktiv. Hier die wichtigsten Anforderungen an das Āsana:

Abb. 1

Ausgangspunkt für jede Korrektur beim Üben ist ein Mangel an der wesentlichen Qualität eines Āsana, wie sie im Yoga Sūtra gefordert wird: Stabilität und Leichtigkeit.

Konkret geht es erst einmal darum, Unsicherheiten, Fehlspannungen, unmittelbar oder langfristig wirkende Fehlbelastungen überhaupt zu erkennen. Dabei hilft Unterrichtenden ein gutes Wissen biomechanischer Gegebenheiten des Bewegungssystems und vor allem ein geschulter Blick. Beim eigenen Üben zu Hause verlangt es eine besondere Achtsamkeit auf die Bereiche von vīrabhadrāsana, in denen für das Āsana spezifische Anforderungen gestellt sind.

Die Korrektur kann aber noch mehr als beim Üben auftretende Hindernisse beseitigen: Sie kann dazu beitragen, die Wirkung der Haltung zu verbessern, indem aktuell vorhandene körperliche und mentale Möglichkeiten besser ausgeschöpft oder erweitert werden.

So können Korrekturen in diesem Sinne helfen …

  • unnötige Spannungen abzubauen
  • für einen frei fließenden Atem zu sorgen
  • die Beweglichkeit der Brustwirbelsäule zu verbessern

Einige der Korrekturen, die Schäden verhindern helfen, unterstützen gleichzeitig das Üben des Āsana in Hinblick auf seine Wirksamkeit deutlich. Dabei lässt sich Folgendes häufig beobachten:

  • Die Haltung ist instabil
  • Das hintere Bein ist gebeugt
  • Der Fuß des hinteren Beines verliert den Kontakt zum Boden
  • Der Rumpf ist nach hinten geneigt
  • Das Becken dreht sich auf der Seite des gestreckten Beines nach hinten
  • Der Kopf ist weit in den Nacken gelegt

Die Haltung ist instabil

Eine instabile Haltung zeigt sich nicht erst dann, wenn Übende ins Taumeln oder Wackeln geraten, die Haltung auflösen und immer wieder neu beginnen müssen. Schon ein leichtes Zittern der Beine oder des Körpers oder eine heftige, unregelmäßige Atmung deuten darauf hin, dass Korrekturen sinnvoll sind – geht es doch im Yoga beim Üben immer darum, positive Erfahrungen mit sich selbst zu machen und dabei die eigenen Ressourcen auszuloten und zu erweitern. Ein Scheitern an den Anforderungen eines Āsana ist keine Katastrophe, aber dennoch kontraproduktiv.

Die häufigste Ursache für die beschriebene Instabilität liegt in der falschen Wahl des Ausgangsschrittes.

Je enger die Füße sich auf eine gedachte Linie hinbewegen, desto instabiler wird die Haltung (Abb. 2). Eng gestellte Füße verlangen eine große Dehnfähigkeit der Leisten. Ist sie nicht gegeben, lässt sich trotzdem alles, was es wert macht, vīrabhadrāsana zu üben, durch einen entsprechend weiteren Abstand der Füße erreichen. Andernfalls beginnt sich das Becken durch die gegebene Festigkeit der Leisten beim Einnehmen von vīrabhadrāsana zu drehen. Dies nimmt der Haltung Stabilität und stellt zudem eine hohe und unnötige Belastung für den unteren Rücken dar – dazu weiter unten noch mehr.

Abb. 2

Besser als in vīrabhadrāsana im Stand ist die notwendige Stabilität und geringere Belastung für den unteren Rücken durch Üben mit einem Knie am Boden zu erreichen (Abb. 3).

Abb. 3

Bei einer Orientierung an der Funktion und nicht einer dogmatisch festgeschriebenen Form gestaltet sich angesichts einer Instabilität beim Üben des Āsanas eine Korrektur einfach: Der Abstand zwischen beiden Füßen wird allmählich so lange verbreitert, bis schon in der Ausgangshaltung das Becken nach vorn ausgerichtet ist und dies auch beim Weg in das Āsana hinein bleibt.

Die richtige Ausgangsstellung für vīrabhadrāsana (Abb. 4): Das Becken sollte ohne Mühe nach vorn ausgerichtet werden können. Entsprechend breit werden die Füße gestellt. Instabilität kann sich allerdings auch wieder einstellen, wenn die Füße allzu breit stehen.

Abb. 4
Manchmal liegt einer Instabilität auch eine zu große oder zu kleine gewählte Schrittlänge zugrunde.

Die gewählte Schrittlänge hat nicht nur einen großen Einfluss auf die Stabilität in der Haltung. Wird sie falsch gewählt, beeinflusst dies die Haltung insgesamt (Abb. 5). Ein zu großer Schritt führt oft dazu, dass der hintere Fuß den Bodenkontakt verliert (was die Anforderungen an die Koordinationsfähigkeit erhöht und die Stabilität mindert). Ein zu kleiner Schritt dagegen lädt dazu ein, den Oberkörper zu weit nach hinten zu neigen und so in eine übermäßige Lordosierung im Rücken zu geraten.

Abb. 5

Eine entsprechende Veränderung der Schrittlänge kann hier Abhilfe schaffen. Stimmen schließlich Fußbreite, Schrittlänge und Ausrichtung des Beckens, dann wird die Stabilität der Haltung gefunden und aufrechterhalten, indem man die muskuläre Spannung zwischen gestrecktem hinteren und gebeugtem vorderen Bein (Abb. 6) ständig angleichen kann, den oberen Rücken aktiviert und den Brustkorb weitet. Je vertrauter jemand mit der Übung wird, desto mehr wird diese muskuläre Abstimmung zu einem positiven Spannungsmuster und desto größer wird die Freiheit, die Aufmerksamkeit während der Übung dorthin zu lenken, wo man sie haben möchte.

Abb. 6

Gelegentlich kann auch eine Längendifferenz der Beine eine instabile Haltung hervorrufen. Dazu bieten sich zwei Korrekturen an:

  • Es kann mit einer Unterlage unter dem Fuß des kürzeren Beins gearbeitet werden.
  • Eine für den Gruppenunterricht möglicherweise praktikablere Lösung besteht darin, die Ferse des hinteren Fußes in einen festen Kontakt mit einer Wand zu bringen und so die Stabilität zu verbessern (Abb. 7).

Die richtige Ausgangsposition erweist sich als wesentliches Fundament einer erfolgreichen Praxis von vīrabhadrāsana. Daher ist es sinnvoll, sich ausreichend Zeit zu nehmen, um die Beinstellung zu finden, die den körperlichen Strukturen und Möglichkeiten des Einzelnen entspricht.

Das hintere Bein ist gebeugt

Ein Anbeugen des hinteren Knies (Abb. 8) führt zu einem deutlichen Verlust an Stabilität der Haltung. Eine erste Korrektur wird versuchen, die Aufmerksamkeit durch entsprechende Ansagen auf die notwendige Streckung des hinteren Beins zu lenken. Lässt sich dies nicht umsetzen, dann gilt es, nach anderen Gründen zu suchen, warum die Beinstreckung Schwierigkeiten bereitet.

Die häufigste Ursache: Eine eingeschränkte Dehnfähigkeit der Beinrückseite.

Sie tritt häufig bei Menschen auf, die sich in ihrem Alltag wenig bewegen. Aber auch bei denen, die sich auf ganz bestimmte Art und Weise viel bewegen: Wer regelmäßig joggt oder viel Fahrrad fährt, hat ebenfalls oft mit einer starken Spannung der Beinbeugemuskulatur zu tun und kann die Rückseite der Beine nicht so weit strecken, wie es vīrabhadrāsana erfordert (Abb. 8). Da die Beugung des hinteren Beins nicht nur zu einem Verlust von Stabilität führt, sondern die Neigung zu einer übermäßigen Lordosierung im unteren Rücken verstärkt, ist eine Korrektur deshalb immer sinnvoll.

Abb. 8

Die einfachste Lösung besteht natürlich in einer Verringerung der Schrittlänge, unter Berücksichtigung der zu Abb. 5 gegebenen Hinweise.

Eine weitere häufige Ursache für eine unzureichende Streckung des hinteren Beins kann darin liegen, dass die Anforderungen, die an das entsprechende Knie gestellt werden, nicht erfüllt werden können: Es muss aus einer leichten Rotation heraus gestreckt werden. Drehbewegungen des Knies in Verbindung mit einer Streckung stellen eine hohe Beanspruchung dar, die ein vorgeschädigtes Knie leicht überfordern kann.

Stellt sich auf Nachfrage heraus, dass die unvollständige Streckung des Beins ein Ausweichen vor möglichen oder tatsächlichen Schmerzen ist, wird eine Korrektur zwingend nötig.

Das Gleiche gilt natürlich auch, wenn bereits zuvor von Knieschmerzen berichtet wurde, häufig tritt leider eine Verschlechterung mit dem Üben auf. Eine Korrektur zielt dann darauf ab, die Rotation im Gelenk zu vermeiden. Dies ist einfach möglich, indem der hintere Fuß nicht nach außen gedreht wird, sondern die Fußspitze direkt nach vorn zeigt (Abb. 9). Allerdings werden dadurch höhere Anforderungen an das Halten des Gleichgewichts gestellt. Weil durch die veränderte Fußposition nun eine stärkere Dehnung der Beinrückseite verlangt wird, ist dann auch noch eine Verkürzung der Schrittlänge nötig.

Abb. 9

Der Fuß des hinteren Beines verliert den Kontakt zum Boden

Wenn entweder die Ferse oder die ganze Außenseite des Fußes hinten den festen Kontakt zum Boden verlieren oder sich sogar vom Boden abheben (Abb. 10), ist dies Ausdruck einer Überforderung der Dehnbarkeit, vorwiegend der Leistengegend. Bisweilen fehlt es auch noch an Streckfähigkeit des hinteren Beines. Das Āsana verliert dadurch einen wesentlichen Anker sowohl für den Spannungsaufbau der gesamten Haltung als auch deren Stabilität. Außerdem wird der Körper dadurch zu einer verstärkten Lordosierung der Wirbelsäule eingeladen. Als einfache Korrektur eignet sich die Verkleinerung der Schrittlänge oder auch eine Verbreiterung der Schrittstellung.

Abb. 10

Um die große Bedeutung des festen, stabilen Kontakts der Ferse und Außenkante des hinteren Fußes für die Haltung insgesamt zu verstehen, hilft eine bereits weiter oben erwähnte Übung, nämlich vīrabhadrāsana mit Kontakt der hinteren Ferse an einer Wand (Abb. 11) und Druck der Außenkante des Fußes auf den Boden zu üben. Dadurch entsteht ein Spannungsbogen von der hinteren Fußkante bis zum oberen Rücken und hin zur Weitung des Brustkorbs.

Abb. 11

Der Rumpf ist nach hinten geneigt

Als Rückbeuge zielt vīrabhadrāsana darauf ab, Bewegung in den oberen Rücken zu bringen und den Brustkorb zu weiten. Da die Wirbelsäule jedoch eine Funktionseinheit ist, lässt sich der „obere Rücken“ nur theoretisch vom „unteren Rücken“ trennen. Deshalb läuft die Aufforderung zur Rückbeuge häufig darauf hinaus, dass sich die Lendenlordose wesentlich verstärkt, weil dies der viel einfachere Weg in die Rückbeuge ist. Der obere Rücken wird so nicht erreicht. Die schlichte Aufforderung, die Rückbeuge zu intensivieren, führt dann in der Regel nur dazu, dass der gesamte Rumpf mehr und mehr hinter die Körperachse bewegt wird (Abb. 12).

Abb. 12

Einer Korrektur bedarf es aus zweierlei Gründen: Die Intensivierung der Rückbeuge (Lordosierung) im Lendenbereich ist ungesund. Und: Es wird die Chance vertan, die wesentliche Funktion dieses Āsanas zu erfahren und von den damit erzielbaren Wirkungen zu profitieren.

Bhāvanas, also Fokusse beim Üben in den Ansagen zu geben, sind bewährte Mittel, Übungen zu korrigieren.

An dieser Stelle könnte ein hilfreiches bhāvana in der Ansage bestehen, den Brustkorb gleich zu Beginn der Bewegung in die Haltung hinein mit nach vorn zu bewegen (Abb. 13).

Abb. 13

Zum gleichen Ergebnis führt das in Abb. 14 gezeigte Vinyāsa. Dabei wird der Oberkörper zuerst nach vorn geneigt. So lässt sich bei der erst dann folgenden Rückbeuge der obere Rücken und die Weitung des Brustkorbs einfacher erreichen.

Dieses Vinyāsa (Abb. 14) ist ein anschauliches Beispiel dafür, wie sich die Bewältigung verschiedener Anforderungen eines Āsanas in entsprechende Schritte aufteilen lässt. Die einzelnen Schritte können dadurch bewusster, achtsamer und leichter erlebt und beherrscht werden.

Abb. 14

Auch das anspruchsvollere Vinyāsa (Abb. 15) eignet sich dafür, der Rückbeuge beim Weg in vīrabhadrāsana hinein besondere Aufmerksamkeit zu schenken.

Abb. 15

Das Becken weicht aus

Wie bereits erwähnt, lässt sich beim Schritt in die Ausgangsposition von vīrabhadrāsana häufig eine Rotation des Beckens beobachten. Es weicht dabei dem Zug der (für die gewählte Schrittstellung) unzureichend dehnbaren Leiste in Richtung des hinteren Beines aus. Diese Ausweichbewegung sollte aber nicht nur deshalb korrigiert werden, weil sie das Erreichen einer guten Stabilität erschwert, sondern auch, weil durch die Bewegung des Beckens die Wirbelsäule in eine Rotation gerät. Dies aus zwei Gründen:

  • Die Drehung des Rumpfes schränkt die im vīrabhadrāsana angestrebte Weitung des Brustkorbs ein.
  • In vīrabhadrāsana wird die Lendenwirbelsäule durch eine Rotation des Rumpfes stark belastet. Das liegt an der besonderen Struktur ihrer Wirbelgelenke.

Dazu ein Ausflug in die Biomechanik der Wirbelsäule

Die Beweglichkeit der Wirbelsäule im Sinne einer Rotation ist in ihren einzelnen Abschnitten physiologisch unterschiedlich möglich. Die maximale Beweglichkeit besitzt die Halswirbelsäule. Deutlich geringer ist die Rotationsmöglichkeit der Brustwirbelsäule. Sie wird durch den durch Rippen und Brustbein geschlossenen Brustkorb eingeschränkt. Die Lendenwirbelsäule ist mit maximal 5 Grad am stärksten in ihrer Rotation eingeschränkt. Der Grund dafür liegt im besonderen Aufbau ihrer Wirbelgelenke. Während die Wirbelgelenke in der Halswirbelsäule tellerförmig angeordnet sind (Abb. 16) und sich somit maximal gegeneinander verschieben können, umschließen die Wirbelgelenke der Lendenwirbel den jeweils darüber liegenden Wirbel zangenförmig (Abb. 17).

Abb. 16
Abb. 17

Während die Lendenwirbelsäule sich deshalb stark kyphosieren (vorbeugen) und lordosieren (rückbeugen) lässt, ist der Spielraum für eine Rotation sehr gering. Allerdings verändert sich bei der Lordosierung und Kyphosierung der Lendenwirbel die Stellung der Lendenwirbelgelenke zueinander. Bei der Vorbeuge vergrößert sich der Gelenkspalt (die Dornfortsätze bewegen sich aus der Gelenkzange heraus), bei der Rückbeuge verkleinert er sich (die Dornfortsätze schieben sich in die Gelenkzange hinein). Deshalb sind die Gelenke der Lendenwirbelsäule dann am stärksten belastet, wenn eine Drehung mit einer Rückbeuge kombiniert wird. Im Alltag kommt dies natürlich immer wieder vor, aber auch hier zeigt die Erfahrung, dass z. B. bei einer Arbeit über Kopf (also starker Lordosierung) eine zusätzliche Drehung schnell „in den Rücken gehen“ kann. Bei der Praxis von Āsana haben wir jedoch die freie Wahl, wie wir unseren Körper belasten wollen. Warum also nicht bei einer so intensiven Rückbeuge wie im hier als Referenz gewählten vīrabhadrāsana eine unnötige Drehung bei gleichzeitiger Rückbeuge und starker Anspannung der Rückenmuskulatur korrigieren, um eine Ausrichtung des Beckens nach vorn zu erreichen – und damit eine Entlastung des unteren Rückens.

Der Kopf ist weit in den Nacken gelegt

In vielen Abbildungen wird vīrabhadrāsana so dargestellt, dass der Kopf weit in den Nacken gelegt ist (Abb. 18), der Blick nach oben gerichtet. Für diese extreme Rückbeuge der Halswirbelsäule und die damit verbundene Nackenspannung gibt es keinen stichhaltigen Grund. Sie fördert weder die Stabilität noch die Rückbeuge im Brustkorbbereich, noch die Weitung des Brustkorbs, noch den harmonischen Spannungsaufbau der Haltung insgesamt.

Abb. 18

Wenn Teilnehmer:innen den Kopf so extrem weit in den Nacken legen, kommen dafür in der Regel zwei Gründe in Frage: Sie haben es dort auf diese Weise praktiziert, irgendwo gesehen oder gelernt, wo es beim Üben von Āsana vor allem um die Erfüllung einer bestimmten Form geht. Dann ist es ein Leichtes, ihnen die Erfahrung machen zu lassen, dass sie sich viel besser (als mit einem extrem in den Nacken gelegten Kopf) dem eigentlichen Wesen von vīrabhadrāsana (Rückbeuge, Brustkorbweitung, Stabilität, harmonische Gesamtspannung) öffnen können, wenn sie das Gesicht und den Blick nach vorn und nicht nach oben ausrichten und den Nacken nur in harmonischer Verlängerung der Brustwirbelsäule leicht lordosieren. Und es macht es ihnen gleichzeitig einfacher, die Balance zu halten.

Der andere Grund für eine starke Anspannung und Rückbeuge des Nackens in der Haltung liegt darin, dass unbewusst versucht wird, damit eine Unbeweglichkeit im Bereich des oberen Rückens zu kompensieren und man sich dadurch fälschlicherweise „mehr in der Rückbeuge“ fühlt. Mit der Auflösung der kontraproduktiven und ablenkenden Nackenspannung wird Raum geschaffen, die Aufmerksamkeit auf den oberen Rücken und die Weitung des Brustkorbs zu richten.

Die Korrektur lautet: Das Gesicht nach vorn ausrichten. Dabei kann es helfen, den Blick auf einen Punkt an der Wand gegenüber zu fixieren. ▼

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Bildquellen:

  • Shutterstock: Abb. 16 und Abb. 17

Einleitung

Im Mittelpunkt der Praxis von vīrabhadrāsana steht eine intensive Rückbeuge, in der sich der Brustkorb mit der Spreizung der Rippen frei weiten kann – sehr viel leichter als beispielsweise in bhujaṅgāsana, der Kobra.

Mehr Raum für den einströmenden Einatem macht das Āsana zu einer Übung, die den Einatem stark unterstützt und betont. Dabei muss eine große Spannung des gesamten Körpers mit Beweglichkeit und Koordination ins Gleichgewicht gesetzt werden. Auch wenn die Öffnung des Brustkorbs das Wesen dieser Übung ausmacht, stellt vīrabhadrāsana deshalb zusätzlich noch eine ganze Reihe weiterer besonderer Anforderungen. Das macht die Übung für viele Praktizierende anspruchsvoll und gleichzeitig für den Unterricht oder die eigene Praxis so attraktiv. Hier die wichtigsten Anforderungen an das Āsana:

Abb. 1

Ausgangspunkt für jede Korrektur beim Üben ist ein Mangel an der wesentlichen Qualität eines Āsana, wie sie im Yoga Sūtra gefordert wird: Stabilität und Leichtigkeit.

Konkret geht es erst einmal darum, Unsicherheiten, Fehlspannungen, unmittelbar oder langfristig wirkende Fehlbelastungen überhaupt zu erkennen. Dabei hilft Unterrichtenden ein gutes Wissen biomechanischer Gegebenheiten des Bewegungssystems und vor allem ein geschulter Blick. Beim eigenen Üben zu Hause verlangt es eine besondere Achtsamkeit auf die Bereiche von vīrabhadrāsana, in denen für das Āsana spezifische Anforderungen gestellt sind.

Die Korrektur kann aber noch mehr als beim Üben auftretende Hindernisse beseitigen: Sie kann dazu beitragen, die Wirkung der Haltung zu verbessern, indem aktuell vorhandene körperliche und mentale Möglichkeiten besser ausgeschöpft oder erweitert werden.

So können Korrekturen in diesem Sinne helfen …

  • unnötige Spannungen abzubauen
  • für einen frei fließenden Atem zu sorgen
  • die Beweglichkeit der Brustwirbelsäule zu verbessern

Einige der Korrekturen, die Schäden verhindern helfen, unterstützen gleichzeitig das Üben des Āsana in Hinblick auf seine Wirksamkeit deutlich. Dabei lässt sich Folgendes häufig beobachten:

  • Die Haltung ist instabil
  • Das hintere Bein ist gebeugt
  • Der Fuß des hinteren Beines verliert den Kontakt zum Boden
  • Der Rumpf ist nach hinten geneigt
  • Das Becken dreht sich auf der Seite des gestreckten Beines nach hinten
  • Der Kopf ist weit in den Nacken gelegt

Die Haltung ist instabil

Eine instabile Haltung zeigt sich nicht erst dann, wenn Übende ins Taumeln oder Wackeln geraten, die Haltung auflösen und immer wieder neu beginnen müssen. Schon ein leichtes Zittern der Beine oder des Körpers oder eine heftige, unregelmäßige Atmung deuten darauf hin, dass Korrekturen sinnvoll sind – geht es doch im Yoga beim Üben immer darum, positive Erfahrungen mit sich selbst zu machen und dabei die eigenen Ressourcen auszuloten und zu erweitern. Ein Scheitern an den Anforderungen eines Āsana ist keine Katastrophe, aber dennoch kontraproduktiv.

Die häufigste Ursache für die beschriebene Instabilität liegt in der falschen Wahl des Ausgangsschrittes.

Je enger die Füße sich auf eine gedachte Linie hinbewegen, desto instabiler wird die Haltung (Abb. 2). Eng gestellte Füße verlangen eine große Dehnfähigkeit der Leisten. Ist sie nicht gegeben, lässt sich trotzdem alles, was es wert macht, vīrabhadrāsana zu üben, durch einen entsprechend weiteren Abstand der Füße erreichen. Andernfalls beginnt sich das Becken durch die gegebene Festigkeit der Leisten beim Einnehmen von vīrabhadrāsana zu drehen. Dies nimmt der Haltung Stabilität und stellt zudem eine hohe und unnötige Belastung für den unteren Rücken dar – dazu weiter unten noch mehr.

Abb. 2

Besser als in vīrabhadrāsana im Stand ist die notwendige Stabilität und geringere Belastung für den unteren Rücken durch Üben mit einem Knie am Boden zu erreichen (Abb. 3).

Abb. 3

Bei einer Orientierung an der Funktion und nicht einer dogmatisch festgeschriebenen Form gestaltet sich angesichts einer Instabilität beim Üben des Āsanas eine Korrektur einfach: Der Abstand zwischen beiden Füßen wird allmählich so lange verbreitert, bis schon in der Ausgangshaltung das Becken nach vorn ausgerichtet ist und dies auch beim Weg in das Āsana hinein bleibt.

Die richtige Ausgangsstellung für vīrabhadrāsana (Abb. 4): Das Becken sollte ohne Mühe nach vorn ausgerichtet werden können. Entsprechend breit werden die Füße gestellt. Instabilität kann sich allerdings auch wieder einstellen, wenn die Füße allzu breit stehen.

Abb. 4
Manchmal liegt einer Instabilität auch eine zu große oder zu kleine gewählte Schrittlänge zugrunde.

Die gewählte Schrittlänge hat nicht nur einen großen Einfluss auf die Stabilität in der Haltung. Wird sie falsch gewählt, beeinflusst dies die Haltung insgesamt (Abb. 5). Ein zu großer Schritt führt oft dazu, dass der hintere Fuß den Bodenkontakt verliert (was die Anforderungen an die Koordinationsfähigkeit erhöht und die Stabilität mindert). Ein zu kleiner Schritt dagegen lädt dazu ein, den Oberkörper zu weit nach hinten zu neigen und so in eine übermäßige Lordosierung im Rücken zu geraten.

Abb. 5

Eine entsprechende Veränderung der Schrittlänge kann hier Abhilfe schaffen. Stimmen schließlich Fußbreite, Schrittlänge und Ausrichtung des Beckens, dann wird die Stabilität der Haltung gefunden und aufrechterhalten, indem man die muskuläre Spannung zwischen gestrecktem hinteren und gebeugtem vorderen Bein (Abb. 6) ständig angleichen kann, den oberen Rücken aktiviert und den Brustkorb weitet. Je vertrauter jemand mit der Übung wird, desto mehr wird diese muskuläre Abstimmung zu einem positiven Spannungsmuster und desto größer wird die Freiheit, die Aufmerksamkeit während der Übung dorthin zu lenken, wo man sie haben möchte.

Abb. 6

Gelegentlich kann auch eine Längendifferenz der Beine eine instabile Haltung hervorrufen. Dazu bieten sich zwei Korrekturen an:

  • Es kann mit einer Unterlage unter dem Fuß des kürzeren Beins gearbeitet werden.
  • Eine für den Gruppenunterricht möglicherweise praktikablere Lösung besteht darin, die Ferse des hinteren Fußes in einen festen Kontakt mit einer Wand zu bringen und so die Stabilität zu verbessern (Abb. 7).

Die richtige Ausgangsposition erweist sich als wesentliches Fundament einer erfolgreichen Praxis von vīrabhadrāsana. Daher ist es sinnvoll, sich ausreichend Zeit zu nehmen, um die Beinstellung zu finden, die den körperlichen Strukturen und Möglichkeiten des Einzelnen entspricht.

Das hintere Bein ist gebeugt

Ein Anbeugen des hinteren Knies (Abb. 8) führt zu einem deutlichen Verlust an Stabilität der Haltung. Eine erste Korrektur wird versuchen, die Aufmerksamkeit durch entsprechende Ansagen auf die notwendige Streckung des hinteren Beins zu lenken. Lässt sich dies nicht umsetzen, dann gilt es, nach anderen Gründen zu suchen, warum die Beinstreckung Schwierigkeiten bereitet.

Die häufigste Ursache: Eine eingeschränkte Dehnfähigkeit der Beinrückseite.

Sie tritt häufig bei Menschen auf, die sich in ihrem Alltag wenig bewegen. Aber auch bei denen, die sich auf ganz bestimmte Art und Weise viel bewegen: Wer regelmäßig joggt oder viel Fahrrad fährt, hat ebenfalls oft mit einer starken Spannung der Beinbeugemuskulatur zu tun und kann die Rückseite der Beine nicht so weit strecken, wie es vīrabhadrāsana erfordert (Abb. 8). Da die Beugung des hinteren Beins nicht nur zu einem Verlust von Stabilität führt, sondern die Neigung zu einer übermäßigen Lordosierung im unteren Rücken verstärkt, ist eine Korrektur deshalb immer sinnvoll.

Abb. 8

Die einfachste Lösung besteht natürlich in einer Verringerung der Schrittlänge, unter Berücksichtigung der zu Abb. 5 gegebenen Hinweise.

Eine weitere häufige Ursache für eine unzureichende Streckung des hinteren Beins kann darin liegen, dass die Anforderungen, die an das entsprechende Knie gestellt werden, nicht erfüllt werden können: Es muss aus einer leichten Rotation heraus gestreckt werden. Drehbewegungen des Knies in Verbindung mit einer Streckung stellen eine hohe Beanspruchung dar, die ein vorgeschädigtes Knie leicht überfordern kann.

Stellt sich auf Nachfrage heraus, dass die unvollständige Streckung des Beins ein Ausweichen vor möglichen oder tatsächlichen Schmerzen ist, wird eine Korrektur zwingend nötig.

Das Gleiche gilt natürlich auch, wenn bereits zuvor von Knieschmerzen berichtet wurde, häufig tritt leider eine Verschlechterung mit dem Üben auf. Eine Korrektur zielt dann darauf ab, die Rotation im Gelenk zu vermeiden. Dies ist einfach möglich, indem der hintere Fuß nicht nach außen gedreht wird, sondern die Fußspitze direkt nach vorn zeigt (Abb. 9). Allerdings werden dadurch höhere Anforderungen an das Halten des Gleichgewichts gestellt. Weil durch die veränderte Fußposition nun eine stärkere Dehnung der Beinrückseite verlangt wird, ist dann auch noch eine Verkürzung der Schrittlänge nötig.

Abb. 9

Der Fuß des hinteren Beines verliert den Kontakt zum Boden

Wenn entweder die Ferse oder die ganze Außenseite des Fußes hinten den festen Kontakt zum Boden verlieren oder sich sogar vom Boden abheben (Abb. 10), ist dies Ausdruck einer Überforderung der Dehnbarkeit, vorwiegend der Leistengegend. Bisweilen fehlt es auch noch an Streckfähigkeit des hinteren Beines. Das Āsana verliert dadurch einen wesentlichen Anker sowohl für den Spannungsaufbau der gesamten Haltung als auch deren Stabilität. Außerdem wird der Körper dadurch zu einer verstärkten Lordosierung der Wirbelsäule eingeladen. Als einfache Korrektur eignet sich die Verkleinerung der Schrittlänge oder auch eine Verbreiterung der Schrittstellung.

Abb. 10

Um die große Bedeutung des festen, stabilen Kontakts der Ferse und Außenkante des hinteren Fußes für die Haltung insgesamt zu verstehen, hilft eine bereits weiter oben erwähnte Übung, nämlich vīrabhadrāsana mit Kontakt der hinteren Ferse an einer Wand (Abb. 11) und Druck der Außenkante des Fußes auf den Boden zu üben. Dadurch entsteht ein Spannungsbogen von der hinteren Fußkante bis zum oberen Rücken und hin zur Weitung des Brustkorbs.

Abb. 11

Der Rumpf ist nach hinten geneigt

Als Rückbeuge zielt vīrabhadrāsana darauf ab, Bewegung in den oberen Rücken zu bringen und den Brustkorb zu weiten. Da die Wirbelsäule jedoch eine Funktionseinheit ist, lässt sich der „obere Rücken“ nur theoretisch vom „unteren Rücken“ trennen. Deshalb läuft die Aufforderung zur Rückbeuge häufig darauf hinaus, dass sich die Lendenlordose wesentlich verstärkt, weil dies der viel einfachere Weg in die Rückbeuge ist. Der obere Rücken wird so nicht erreicht. Die schlichte Aufforderung, die Rückbeuge zu intensivieren, führt dann in der Regel nur dazu, dass der gesamte Rumpf mehr und mehr hinter die Körperachse bewegt wird (Abb. 12).

Abb. 12

Einer Korrektur bedarf es aus zweierlei Gründen: Die Intensivierung der Rückbeuge (Lordosierung) im Lendenbereich ist ungesund. Und: Es wird die Chance vertan, die wesentliche Funktion dieses Āsanas zu erfahren und von den damit erzielbaren Wirkungen zu profitieren.

Bhāvanas, also Fokusse beim Üben in den Ansagen zu geben, sind bewährte Mittel, Übungen zu korrigieren.

An dieser Stelle könnte ein hilfreiches bhāvana in der Ansage bestehen, den Brustkorb gleich zu Beginn der Bewegung in die Haltung hinein mit nach vorn zu bewegen (Abb. 13).

Abb. 13

Zum gleichen Ergebnis führt das in Abb. 14 gezeigte Vinyāsa. Dabei wird der Oberkörper zuerst nach vorn geneigt. So lässt sich bei der erst dann folgenden Rückbeuge der obere Rücken und die Weitung des Brustkorbs einfacher erreichen.

Dieses Vinyāsa (Abb. 14) ist ein anschauliches Beispiel dafür, wie sich die Bewältigung verschiedener Anforderungen eines Āsanas in entsprechende Schritte aufteilen lässt. Die einzelnen Schritte können dadurch bewusster, achtsamer und leichter erlebt und beherrscht werden.

Abb. 14

Auch das anspruchsvollere Vinyāsa (Abb. 15) eignet sich dafür, der Rückbeuge beim Weg in vīrabhadrāsana hinein besondere Aufmerksamkeit zu schenken.

Abb. 15

Das Becken weicht aus

Wie bereits erwähnt, lässt sich beim Schritt in die Ausgangsposition von vīrabhadrāsana häufig eine Rotation des Beckens beobachten. Es weicht dabei dem Zug der (für die gewählte Schrittstellung) unzureichend dehnbaren Leiste in Richtung des hinteren Beines aus. Diese Ausweichbewegung sollte aber nicht nur deshalb korrigiert werden, weil sie das Erreichen einer guten Stabilität erschwert, sondern auch, weil durch die Bewegung des Beckens die Wirbelsäule in eine Rotation gerät. Dies aus zwei Gründen:

  • Die Drehung des Rumpfes schränkt die im vīrabhadrāsana angestrebte Weitung des Brustkorbs ein.
  • In vīrabhadrāsana wird die Lendenwirbelsäule durch eine Rotation des Rumpfes stark belastet. Das liegt an der besonderen Struktur ihrer Wirbelgelenke.

Dazu ein Ausflug in die Biomechanik der Wirbelsäule

Die Beweglichkeit der Wirbelsäule im Sinne einer Rotation ist in ihren einzelnen Abschnitten physiologisch unterschiedlich möglich. Die maximale Beweglichkeit besitzt die Halswirbelsäule. Deutlich geringer ist die Rotationsmöglichkeit der Brustwirbelsäule. Sie wird durch den durch Rippen und Brustbein geschlossenen Brustkorb eingeschränkt. Die Lendenwirbelsäule ist mit maximal 5 Grad am stärksten in ihrer Rotation eingeschränkt. Der Grund dafür liegt im besonderen Aufbau ihrer Wirbelgelenke. Während die Wirbelgelenke in der Halswirbelsäule tellerförmig angeordnet sind (Abb. 16) und sich somit maximal gegeneinander verschieben können, umschließen die Wirbelgelenke der Lendenwirbel den jeweils darüber liegenden Wirbel zangenförmig (Abb. 17).

Abb. 16
Abb. 17

Während die Lendenwirbelsäule sich deshalb stark kyphosieren (vorbeugen) und lordosieren (rückbeugen) lässt, ist der Spielraum für eine Rotation sehr gering. Allerdings verändert sich bei der Lordosierung und Kyphosierung der Lendenwirbel die Stellung der Lendenwirbelgelenke zueinander. Bei der Vorbeuge vergrößert sich der Gelenkspalt (die Dornfortsätze bewegen sich aus der Gelenkzange heraus), bei der Rückbeuge verkleinert er sich (die Dornfortsätze schieben sich in die Gelenkzange hinein). Deshalb sind die Gelenke der Lendenwirbelsäule dann am stärksten belastet, wenn eine Drehung mit einer Rückbeuge kombiniert wird. Im Alltag kommt dies natürlich immer wieder vor, aber auch hier zeigt die Erfahrung, dass z. B. bei einer Arbeit über Kopf (also starker Lordosierung) eine zusätzliche Drehung schnell „in den Rücken gehen“ kann. Bei der Praxis von Āsana haben wir jedoch die freie Wahl, wie wir unseren Körper belasten wollen. Warum also nicht bei einer so intensiven Rückbeuge wie im hier als Referenz gewählten vīrabhadrāsana eine unnötige Drehung bei gleichzeitiger Rückbeuge und starker Anspannung der Rückenmuskulatur korrigieren, um eine Ausrichtung des Beckens nach vorn zu erreichen – und damit eine Entlastung des unteren Rückens.

Der Kopf ist weit in den Nacken gelegt

In vielen Abbildungen wird vīrabhadrāsana so dargestellt, dass der Kopf weit in den Nacken gelegt ist (Abb. 18), der Blick nach oben gerichtet. Für diese extreme Rückbeuge der Halswirbelsäule und die damit verbundene Nackenspannung gibt es keinen stichhaltigen Grund. Sie fördert weder die Stabilität noch die Rückbeuge im Brustkorbbereich, noch die Weitung des Brustkorbs, noch den harmonischen Spannungsaufbau der Haltung insgesamt.

Abb. 18

Wenn Teilnehmer:innen den Kopf so extrem weit in den Nacken legen, kommen dafür in der Regel zwei Gründe in Frage: Sie haben es dort auf diese Weise praktiziert, irgendwo gesehen oder gelernt, wo es beim Üben von Āsana vor allem um die Erfüllung einer bestimmten Form geht. Dann ist es ein Leichtes, ihnen die Erfahrung machen zu lassen, dass sie sich viel besser (als mit einem extrem in den Nacken gelegten Kopf) dem eigentlichen Wesen von vīrabhadrāsana (Rückbeuge, Brustkorbweitung, Stabilität, harmonische Gesamtspannung) öffnen können, wenn sie das Gesicht und den Blick nach vorn und nicht nach oben ausrichten und den Nacken nur in harmonischer Verlängerung der Brustwirbelsäule leicht lordosieren. Und es macht es ihnen gleichzeitig einfacher, die Balance zu halten.

Der andere Grund für eine starke Anspannung und Rückbeuge des Nackens in der Haltung liegt darin, dass unbewusst versucht wird, damit eine Unbeweglichkeit im Bereich des oberen Rückens zu kompensieren und man sich dadurch fälschlicherweise „mehr in der Rückbeuge“ fühlt. Mit der Auflösung der kontraproduktiven und ablenkenden Nackenspannung wird Raum geschaffen, die Aufmerksamkeit auf den oberen Rücken und die Weitung des Brustkorbs zu richten.

Die Korrektur lautet: Das Gesicht nach vorn ausrichten. Dabei kann es helfen, den Blick auf einen Punkt an der Wand gegenüber zu fixieren. ▼

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Bildquellen:

  • Shutterstock: Abb. 16 und Abb. 17
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